Der Leitaufsatz zum Umschlagbild 3 stärken. Sophie gelingt es im folgenden hessisch- thüringischen Erbfolgekrieg (1247–1264), für ihren Sohn Heinrich die Unabhängigkeit Hessens zu erstreiten. Heinrich wurde damit erster Herrscher der neuen Landgrafschaft Hessen, die 1292 offiziell reichsrechtlich anerkannt wurde. Mit seinem Herrschaftsantritt wird Marburg für eine kurze Zeit somit erstmals landesherrschaftliche Residenzstadt. Doch was kennzeichnet eigentlich eine Stadt im 13. Jahrhundert? Hier sind es vor allem rechtliche (Bürgerrecht, Gerichtsbarkeit, Selbstverwaltung, Recht auf Besteuerung), wirtschaftliche (Markt, Münzrecht) und bauliche Kriterien (Stadtmauer und dichte Bebauung) sowie eine zentralörtliche Funktion (z. B. als wirtschaftliches, herrschaftliches oder religiöses Zentrum) zu nennen. Wie fanden nun diese landesherrschaftlichen Ereignisse ihren baulichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und religiösen Niederschlag? Avancierte Marburg zu einem herrschaftlichen Zentrum? Beginnen wir mit der baulichen Entwicklung im 13. Jahrhundert, dann ist zunächst festzuhalten, dass es zwar einen Marktplatz mit einer Ummauerung bereits vor 1222 gegeben haben muss. Im 13. Jahrhundert hat aber eine deutliche Erweiterung und ein Ausbau stattgefunden, wofür etwa der Bau der Weidenhäuser Brücke stand, der die Vorstadt Weidenhausen mit Marburg verband und damit neue Entwicklungsmöglichkeiten schuf. Auch im kirchlichen Bereich hatte schon um 1200 mit dem durchaus aufwändigen Bau der späteren Pfarrkirche auf einem eigenen Plateau (heute Lutherische Pfarrkirche St. Marien) ein zentrales Bauprojekt begonnen. Mit dem Auftreten und der Heiligsprechung Elisabeths waren nun zahlreiche weitere bauliche Entwicklungen verbunden, die daran anknüpften: Zu nennen sind hier die Gründung und der Bau des Hospitals sowie der Baubeginn der Elisabethkirche, bereits kurz nach der Heiligsprechung Elisabeths. Insgesamt sind nicht alle baulichen Entwicklungen insbesondere bezüglich der Stadtmauer und des Marktes ganz genau zu datieren. Fest steht aber, dass nach 1250 das Stadtgebiet auf jeden Fall mehr als 10 ha umfasste und Mauer und Türme erheblich ausgebaut wurden. Ähnliches gilt für die wirtschaftliche Entwicklung, denn Marburg besaß bereits seit dem 12. Jahrhundert ein eigenes Münz- und Marktrecht, über dessen Ausweitung wir im 13. Jahrhundert nicht genau informiert sind. Aber allein der Ausbau des Marktes und die begonnenen neuen Kirchenbauten in der Stadt, werden die wirtschaftliche Entwicklung befördert haben. Zumindest wissen wir durch eine Schuldverschreibung der Sophie von Brabant, dass Marburg als eine ihrer wertvollsten Städte ‚verpfändet‘ wurde. Vermögender war in diesem Zeitraum nur die Stadt Grünberg als ‚die‘ Stadt wohlhabender Brabanter Warenhändler. Eindeutiger lässt sich Marburgs Ausbau als religiöses und herrschaftliches Zentrum greifen: Bereits vor Elisabeths Tod erhält die in der Reinhardsbrunner Chronik erwähnte „große Kirche“ 1227 eigene Pfarrrechte, was im 13. Jahrhundert die notwendige Bedingung für einen Ausbau zum religiösen und herrschaftlichen Zentrum war. Mit der Heiligsprechung Elisabeths im Jahr 1235 erhält dieser Ausbau einen neuen und so nicht planbaren Auftrieb, wofür die Ansiedlung des Deutschen Ordens und des Franziskanerordens ein Beispiel ist. Beiden kam nicht nur religiöse Bedeutung zu, sondern sie brachten neues Vermögen sowie Gebäude-, Handels- und überhaupt Entwicklungsmöglichkeiten schon allein durch mehr Menschen in die Stadt. Äquivalent zur zunehmenden bevölkerungsmäßigen Vielfalt in der Stadt erhält auch die
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