4 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild bürgerliche Vergemeinschaftung eine Ausweitung. So ist das älteste Marburger Siegel aus dem Jahr 1244 überliefert, der älteste Siegelstempel vermutlich zwischen 1222 bis 1227 entstanden. Ebenso ist eine Zunahme an Schöffen zu verzeichnen. Deutlichstes Anzeichen für den Ausbau ist aber das seit 1284 verbürgte Recht der Bürgermeisterwahl. Insgesamt lässt sich mit Blick auf das 13. Jahrhundert festhalten: der Flecken am Fuße der Burg besaß um 1200 mit Ummauerung, Münz- und Marktrecht bereits Ansätze zur Stadtbildung. Die unvorhersehbaren günstigen dynastischen Entwicklungen führten dazu, dass Marburg im 13. Jahrhundert zu einer Mittelstadt mit Residenzfunktion avancierte. Auch auf Reichsebene war Marburg ab 1250 als vollwertiges Mitglied des rheinischen Städtebundes nun ein Begriff. Diese kurz und überblickshaft dargestellte Entwicklung der Stadt im 13. Jahrhundert wird in der Ausstellung des Hessischen Staatsarchivs Marburg am Beispiel von sechs zentralen, noch heute im Stadtbild sichtbaren Gebäuden und Orten in den Blick genommen: Anhand von Schloss, Elisabethkirche, Stadtpfarrkirche (heute: Lutherische Pfarrkirche St. Marien), Markt, Weidenhäuser Brücke und Barfüßer Tor wird den Besucher*innen die geistliche, rechtliche, zentralörtliche, wirtschaftliche und bauliche Entwicklung nähergebracht. Dabei geschieht dies in zweifacher Weise: Das Aussehen der Marburger Gebäude und Orte im 13. Jahrhundert und den nachfolgenden Jahrhunderten wird anhand von 3-D-Videoinstallationen rekonstruiert. Diese Videoinstallationen, die pro Gebäude etwa eine Minute dauern, wurden von der Firma Archimedix im Auftrag des Staatsarchivs erstellt. Dabei wurden bestimmte Phasen der Stadtentwicklung als Ausgangspunkt genommen, um das Aussehen der Stadt und der ausgewählten Gebäude als Computeranimationen zu rekonstruieren. Die wissenschaftliche Grundlage für die Animationen lieferte Ulrich Klein vom Freien Institut für Bauforschung (IBD). Diese kurzen Filme können von den Besucher* innen über einen Bildschirm angesehen werden. Diese Bildschirme sind dabei in Leuchtsäulen eingelassen. Auf der einen Seite der Leuchtsäule finden sich aktuelle Fotografien von den behandelten Gebäuden und Orten in ihrer heutigen Gestalt. Auf der anderen Seite finden sich neben dem Bildschirm kurze erläuternde Texte zur Bedeutung der behandelten Gebäude und Plätze für die Stadtentwicklung. In den Vitrinen werden Dokumente und Artefakte gezeigt, die zu dem jeweiligen Gebäude oder Ort in Beziehung stehen, um eine authentische und quellennahe Reise in das 13. Jahrhundert zu ermöglichen. So findet sich beispielsweise in der Vitrine zur Elisabethkirche unter anderem die Urkunde zur Heiligsprechung Elisabeths. Besonders hervorzuheben ist zudem das älteste erhaltene Siegel der Stadt Marburg (eine Leihgabe aus dem Pfarrarchiv Wetzlar), welches in der Vitrine zum Markt – als Ort auch der bürgerlichen Vergemeinschaftung – ausliegt. Dieses Siegel ist nun erstmals in Marburg zu sehen. Neben der Bezugnahme zu konkreten Orten und Plätzen wird in der Hochvitrine noch einmal die gesamte Stadt in den Blick genommen, indem die Rekonstruktion eines Auszugs aus der Reinhardsbrunner Chronik (der Erhaltungszustand der Chronik lässt eine Ausstellung des Originals nicht zu) gezeigt wird. Um deutlich zu machen, wie sehr die später heiliggesprochene Elisabeth zu Marburgs Erwähnung in der Welt beiträgt, ist zudem eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert ausgestellt. Weiterhin sind hier über die Jahrhunderte hinweg (zumeist frühneuzeitliche) Stadtansichten zu sehen.
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