60 Aus Stadt und Land etwa 6 Tonnen. Benötigt wurden ein bis zwei Pferde zum Treideln und zwei bis drei Mann Besatzung. Ein Karren mit einer Achse und einem Zugtier hatte damals eine Transportleistung von 1 Tonne. Ein Karren mit zwei Achsen und zwei bis vier Zugtieren und entsprechender Besatzung konnte Güter von etwa 2 Tonnen transportieren. Insofern und auch wegen der damals schlechten Straßenverhältnisse war der Ausbau einer Wasserstraße durchaus sinnvoll. Die Baukosten für den Kanal wurden allein im südlichen Abschnitt von der Fulda zur Lahn auf insgesamt 215.984 Taler geschätzt. Der Abschnitt über die Wasserscheide von der Schwalm zur Wohra, also der eigentliche Rhein-Weser-Kanal, wurde mit 174.984 Talern veranschlagt. Während der Kanalbau von der Diemel Richtung Hofgeismar nur relativ langsam voranschritt, musste die für die Schifffahrt bis Stammen ausgebaute Diemel ständig durch Unterhaltungsmaßnahmen, insbesondere wegen der Verschlammung, schiffbar gehalten werden. Mit dem Tod des Landgrafen Karl 1730 wurden die Bauarbeiten am Kanal nicht mehr fortgesetzt. Offiziell aufgegeben wurde das Wasserstraßenprojekt aber nie. In der Literatur wird meistens gesagt, dass die Kanalbaupläne des Landgrafen Karl nach dem damaligen Stand der Technik kaum zu verwirklichen waren, vor allem weil auf den Wasserscheiden nicht ausreichend Wasser zur Verfügung stand. Diese Kritik greift aber zu kurz. Ein solches Projekt war nach dem damaligen Stand der Technik machbar, wie der 1681 fertiggestellte Canal du Midi in Südfrankreich, der das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet, mit seinen beeindruckenden wasserbautechnischen Anlagen bewies. Der Autor der Machbarkeitsstudie hat auch bereits konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet, wie Wasser auf die Wasserscheiden geleitet werden konnte. Das gleiche Problem wurde zu dieser Zeit bereits für die Wasserversorgung der Kaskaden am Karlsberg im heutigen Bergpark Wilhelmshöhe gelöst, in dem dort auf einer größeren Fläche im Habichtswald das Schmelz- und Oberflächenwasser im Sichelbachspeicher gesammelt und von dort mit Hilfe einer kommunizierenden Röhre sogar durch eine Senke zum Herkulesbauwerk geleitet wurde. Auch die hydrologischen Verhältnisse waren klimatisch bedingt günstiger als heute. Dennoch wäre ein Betrieb des Kanals in den Sommermonaten wegen Wassermangels vermutlich kaum möglich gewesen. Dies war allerdings auch beim Canal du Midi der Fall. Auch für die Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe muss mit dem Wasservorrat gehaushaltet werden, um diese die komplette Saison betreiben zu können. Die Frage der Wasserversorgung auf den Wasserscheiden war also grundsätzlich lösbar. Allerdings stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit des Kanalbetriebs. Die Frage, wie viele Monate jährlich der Kanal hätte betrieben werden können, hängt von zahlreichen Faktoren wie der Breite und Tiefe des Kanals, des Fassungsvermögens der Wasserspeicher auf den Wasserscheiden und überhaupt der Menge des sammelbaren Wassers ab. Diese Fragen wurden bislang nicht untersucht. Der Wissenschafts- und Technikhistoriker Ernst Gerland (1838–1910) hatte bereits 1882 in der Zeitschrift für hessische Geschichte und Landeskunde (ZHG) das Wasserstraßenprojekt Landgraf Karls eingehend untersucht und schloss seinen Beitrag ab mit der Feststellung, dass die Geschichte des Kanals damit im Allgemeinen aufgeklärt sein dürfte, im Einzelnen aber noch manches aufzuhellen bleibe. Dies trifft auch heute noch zu. Im Staatsarchiv
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