4 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
Nach der Machtergreifung 1933 emigrierte
sie zunächst ins Saarland, wo sie weiterhin
politisch tätig war. Aber durch die Volksabstimmung
1935 wurde das Saargebiet wieder
an das Deutsche Reich angeschlossen.
Marie
Juchacz musste in die USA fliehen, wo
sie sich wegen mangelnder Fremdsprachenkenntnisse
nicht mehr politisch äußerte.
Trotz ihres geringen Anteils an den Abgeordneten
setzten die 37 Frauen in der Nationalversammlung
den Artikel 109 der Weimarer
Verfassung durch: „Männer und Frauen
haben die gleichen staatsbürgerlichen
Rechte
und Pflichten“. Aber: Es sollte noch ein
langer und steiniger Weg bis zur vollständigen
Gleichberechtigung von Mann und Frau
führen.
Nach ihrem Machtantritt 1933 entzogen
die Nationalsozialisten den Frauen das passive
Wahlrecht wieder. Die neuen Machthaber
wollten keine Frauen in der Politik und
in öffentlichen Ämtern. Erst die vier „Mütter“
des Grundgesetzes erkämpfen gegen
vielfältige Widerstände die völlige Gleichberechtigung.
Diese ist seit 1949 dank der
Juristin Elisabeth Selbert (SPD) in Artikel
3, Abs. 2 im Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland verankert. Die in Artikel
117 GG festgelegte Übergangsfrist für die
Umsetzung endete am 31. März 1953, ohne
dass die Adenauer-Regierung die erforderlichen
Gesetzesänderungen auch nur begonnen
hätte. Erst nach heftigen Diskussionen
trat am 1. Juli 1958 das erste Gleichberechtigungsgesetz
in Kraft.
„Gesetz über die Gleichberechtigung von
Mann und Frau“ vom 1.7.1958
Das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes
in allen Eheangelegenheiten wird ersatzlos
gestrichen. Dies war der am heftigsten
diskutierte Gegenstand des Gesetzes und wurde
gegen den massiven Widerstand von CDU/
CSU durchgesetzt. Die väterlichen Vorrechte
bei der Erziehung der Kinder (Stichentscheid)
wurden erst 1959 durch das Bundesverfassungsgericht
aufgehoben. Durch die Zugewinngemeinschaft
als gesetzlicher Güterstand
gehörte das Vermögen ab dem Tag der Eheschließung
beiden Ehepartnern gemeinsam.
Frauen durften das in die Ehe mitgebrachte
Vermögen nun selbst verwalten. Das Recht
des Ehemannes, ein Dienstverhältnis seiner
Frau fristlos zu kündigen, wurde aufgehoben.
Jedoch durfte die Ehefrau erst ab 1977
ohne Einwilligung ihres Mannes berufstätig
sein. Die Ehefrau erhielt das Recht, ihren Geburtsnamen
als Namenszusatz zu führen. Die
Amtsvormundschaft für die Kinder alleinerziehender
Mütter wurde abgeschafft. Die
Versorgungspflicht des Ehemannes für die Familie
blieb bestehen, da viele Frauen keinen
Beruf hatten und sich somit noch nicht selbst
versorgen konnten.
Bereits 1952 wurde das erste Mutterschutzgesetz
eingeführt. Im Mai 1957 hob das Bundesarbeitsgericht
die sogenannte Zölibatsklausel
auf. Bis dahin verloren Lehrerinnen
und Frauen im öffentlichen Dienst nach der
Eheschließung nicht nur ihre Stellung, sondern
auch jeglichen Anspruch auf ein Ruhegehalt.
Ab 1962 durften Frauen ohne Zustimmung
des Ehemannes ein Konto führen.
Die Erwerbstätigkeit ohne Zustimmung des
Ehemannes wurde erst 1977 möglich. Ebenfalls
1977 wurde durch Änderung des Scheidungsrechts
die Schuldfrage abgeschafft und
damit in vielen Fällen eine Scheidung erst
möglich. Die Vergewaltigung in der Ehe als
Strafrechtsparagraph wurde erst 1997 in das
Strafgesetzbuch aufgenommen. Als Fazit der
Gleichberechtigungsdebatte kann Willi Brand
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