Zweigvereine 43
im Kunstunterricht „vergegenwärtigt“ dieses
Gebäude in wandfüllender Größe. Der
Betrachter wird daneben eingehend über die
Forschungsergebnisse zum Synagogengebäude
informiert. Interaktiv können Besucher
anhand aufklappbarer Bilder Vergleiche
anstellen.
Ein Raum der Ausstellung ist der Einrichtung
der Synagoge und der religiösen Bedeutung
der wichtigsten Kultgegenstände im Judentum
gewidmet. Im Museum entstanden
großformatige Zeichnungen dieser Gegenstände.
Der pädagogische Gedanke dahinter
ist die besonders intensive Aneignung von
Form und Bedeutung dieser Dinge durch ihre
künstlerische Bearbeitung.
Auch die Beschreibungen des Kunsthistorikers
Rudolf Hallo (1896–1933) über die Hofgeismarer
Synagoge wurden als interessanter
Arbeitsauftrag verstanden: Ausgehend von
seinen genauen Angaben zu den Farben des
Toraschreins, rekonstruierten Schüler zeichnerisch
die farbliche Gestaltung seiner Tür
und „übersetzten“ seine Beschreibung des
verloren gegangenen Toravorhangs in eine
bildnerische Darstellung.
Vermessungen auf dem Gelände der ehemaligen
Synagoge nahmen großen Raum innerhalb
des Projektes ein. Im Mathematikunterricht
wurden unter Anleitung von Claudia
Wesemann auf der Grundlage historischer
Karten die tatsächlichen Maße der Synagoge
errechnet. Am 9. November 2016 konnten
Schüler dann vor Ort die Messungen ausführen,
den Grundriss der Synagoge abstecken
und die Aktion fotografisch dokumentieren.
Magisch angezogen werden Besucher der
Ausstellung von einer illustrierten historischen
Chronik. Die Schüler stellten lokale Ereignisse
der NS-Zeit in „Dioramen“ dar. Darin
entfalten historische Stadtansichten durch
Ausschneiden und Staffeln mehrerer Bildebenen
hintereinander eine besondere Tiefenwirkung.
Wie auf einer Bühne entstanden
dabei im Vordergrund Szenen aus der
Geschichte der jüdischen Gemeinde, wie z. B.
die Einweihung der Synagoge oder der Boykott
jüdischer Geschäfte.
Ein besonderes Erlebnis für die Besucher
der Ausstellung ist eine Hörstation: Die
Schüler schrieben und vertonten auf der
Grundlage damaliger Briefe, Polizeiberichte
und späterer Zeitzeugenaussagen das Drehbuch
für Dialoge, wie sie in den Jahren 1933
bis 1939 in Hofgeismar stattgefunden haben
könnten. Wie ein roter Faden zieht sich
durch die „Hör-Collage“ die Geschichte der
Hofgeismarer Familie Goldschmidt, deren
13-jähriger Sohn Erwin 1936 nach Amerika
geschickt wurde mit dem Auftrag, der Familie
zu helfen, aus Deutschland herauszukommen.
Was heißt Erinnerung? Was nimmt jeder
persönlich mit aus diesem Projekt? Welche
Konsequenzen kann man für sich ziehen?
Hier nur ein Beispiel aus dem Resümee der
Schüler. So sagt, Saskia: „Wenn wir uns nicht
an die Vergangenheit erinnern, kann es passieren,
dass sich die schlimme Zeit, in der
Menschen gequält und getötet wurden, wiederholt.
Außerdem können wir mit unserem
Wissen bei Brandstiftern wie Adolf Hitler einer
war, rechtzeitig die Bremse ziehen.“
Die sehenswerte Ausstellung wird noch
bis 2018 gezeigt. Führungen auch außerhalb
der Öffnungszeiten können angemeldet werden
unter: Stadtmuseum Hofgeismar, Petriplatz
2, 34369 Hofgeismar, http://www.museum-
hofgeismar.de/cms/Startseite/, Tel.:
05671/4791 bzw. 3476 oder E-Mail: museum@
museum-hofgeismar.de.
Julia Drinnenberg
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