Wilhelms V. und seiner berühmten Gemahlin Amalie Elisabeth (1602-1651, Enkelin Wilhelms von Oranien, des Befreiers der Niederlande), die am 21.2.1650 in Kassel den Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz heiratete. Das Gemälde würde also ihren Abschied aus Kassel zur Reise in ihre neue Residenz, der pfälzischen Hauptstadt Heidelberg, zeigen und könnte so ein Erinnerungsstück an ihre Kasseler Heimat sein. Über ihre Tochter, die in Deutschland populäre Liselotte von der Pfalz (Prinzessin Elisabeth Charlotte, Gemahlin Herzog Philipps von Orleans, Schwägerin Ludwigs XIV. von Frankreich und unermüdliche Briefschreiberin) wäre das Gemälde nach Frankreich gekommen; denn von dort gelangte es jetzt in den niederländischen Kunsthandel.
Das inhaltsreiche Gemälde stellt eine ungeahnte Bereicherung der Kassel-lkono-graphie dar und wird das Geschichtsbild und -bewusstsein der Stadt wesentlich erweitern. Zwischen der glanzvollen Renaissanceperiode des 16.Jahrhunderts und der blühenden Barock-Epoche des 18. Jahrhunderts ist bisher das 17. Jahrhundert eine vorstellungsarme Zeit der Stadtgeschichte, die durch dieses Bild ganz wesentlich aufgehellt wird. Der Verbleib dieses Gemäldes in Kassel ist gleichsam ein besonderer Glücksfall.
Karl-Hermann Wegner


 

Von Töpfern, Dippen und Ofensetzern. Schriftliche und archäologische Quellen zur Keramikherstellung in Kassel während der frühen Neuzeit


Das Stadtmuseum Kassel veranstaltete 2004 eine Ausstellung zum Thema ‚Kassel in der Zeit Philipps des Großmütigen’, die von Dr. Christian Philipsen und dem Verfasser betreut wurde. Zur Präsentation der Lebensverhältnisse im Kassel des 16. Jahrhunderts konnte auf im Stadtmuseum befindliche Keramik zurückgegriffen werden. Sie stammt aus einer Grabung, die 1981/82 zwischen Unterer Karlsstraße und Oberster Gasse im Bereich der Stadtmauer durchgeführt wurde. Dankenswerterweise lieferte Dr. Rainer Atzbach vom Landesamt für Denkmalpflege in Marburg wertvolle Hilfe, da er Fragmente von Ofenkacheln – vergesellschaftet mit Brennhilfen und Fragmenten von Modeln – als Töpfereiabfall identifizierte, der um 1600 zur Planierung eingebracht worden sein muß.
Zahlreiche Publikationen unterrichten ausführlich über die Töpferei etwa in Großalmerode, im Reinhardswald, an der Werra und in Hannoversch Münden. Zu Kassel finden sich in der Literatur kaum Hinweise zur Erzeugung und zum Handel mit einfacher Gebrauchs- oder höherwertiger Keramik für Küche und Tisch des Bürgers. Die Existenz von Töpferwerkstätten in Kassel sind durch die Häuser- und Bürgerbücher, Stadtrechnungen des 15. und 16. Jahrhunderts und durch Steuerverzeichnisse des frühen 18. Jahrhunderts belegt. Die Qualität der in Kassel erzeugten Keramik, das Form- und Dekorrepertoire, ist jedoch unbekannt, da grundlegende stilistische und naturwissenschaftliche Untersuchungen fehlen.

Früheste Erwähnungen stammen aus dem 15. Jahrhundert. Im Jahr 1468/69 bezahlte die Stadt einem möglicherweise in Kassel ansässigen Töpfer 7 ß vor kacheln zcum kachelofen In dii Rethestobben. 1506 wurden für kocheln ufs raithaus 20 Heller und – wichtiger Hinweis auf den Wohn- und Arbeitsort – einem gropper im Breule 9 Albus für Ofenkacheln für das Frauenhaus verausgabt. Die Bezeichnung Gropper oder Gröpper taucht synonym für Töpfer auf. In den