Frau Professor Ursula Braasch-Schwersmann fasste abschließend die Ergebnisse des Tages zusammen und deutete die intensiven, auch kontroversen Diskussionen der Beiträge als ein erstes Abtasten der Anknüpfungspunkte der beiden wissenschaftlichen Disziplinen. So könne als ein wesentliches Resultat der Veranstaltung die Auslotung der Grenzen und der Potentiale einzelner Perspektiven der Keramikforschung als Teil einer erweitern Landesgeschichtsforschung angesehen werden.
Thomas Schindler


 

Ein besonderer Glücksfall für Kassel


Durch das entschlossene Engagement der "Freunde des Stadtmuseums Kassel e. V." konnte eine bisher unbekannte, sehr qualitätvolle Ansicht der Stadt Kassel von 1650 für das Stadtmuseum gesichert werden. Dabei war die freundschaftliche Hilfe des Direktors der Gemäldegalerie "Alte Meister der Staatlichen Museen, Dr. Gregor J. M. Weber als anerkanntem Fachmann für die niederländische Malerei, sehr nützlich. Das attraktive Gemälde stammte nämlich aus französischem Adelsbesitz und wurde im niederländischen Kunsthandel angeboten, weil es dort der niederländischen Vedutenmalerei des 17. Jahrhunderts zugeordnet wurde. Die hier zunächst genannten Namen Gerard Terborch, Gerard van der Florst, Gerrit van Honthorst u. a. konnten nicht bestätigt werden, doch beschreiben sie das Umfeld und die Schulen, wo sich weitere Forschungen nach der Suche des bisher unbekannten Malers lohnen. Entsprechende Stadtansichten von Münster (im Zusammenhang mit dem "Westfälischen Frieden" 1648), Heidelberg (Gerrit van Hoiithorst arbeitete für den "Winterkönig" Lind seine kurpfälzische Familie) oder Berlin (die erste schöne große Ansicht Berlins als Residenz des Großen Kurfürsten im Besitz der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdani!) zeigen eine Fülle von Ähnlichkeiten mit dem Kasseler Bild.
Das Bild (Öl auf Leinwand, 100 x 137 cm) ist das einzige bekannte Ölgemälde, das Kassel im 17. Jahrhundert von Osten her in seiner Gesamtheit darstellt. Es ist in einem guten Zustand und zum letzten Mal um 1850 - offensichtlich in Frankreich - restauriert und gerahmt worden. Der besondere Wert des Bildes liegt nicht nur in der malerischen Wirkung der gebauten Stadt in der umgebenden Landschaft und den reizvollen Genreszenen im Vordergrund. Im Stadtmuseum und besonders in der Verbindung mit dem historischen Stadtmodell - erhalten eine Fülle historisch bisher nicht belegter und nur hier dargestellter Details der Stadttopographie ihre besondere Bedeutung. So sehen wir eine genaue Abbildung des Landgrafenschlosses und seines Umfelds, der Moritzaue mit dem dortigen "Lusthaus" bis hin zum Schloss Weißenstein (der jetzigen Wilhelmshöhe) am Habichtswald. Die Befestigungswerke rund um die Stadt, die noch aus dem 30jährigen Krieg stammen und später ausgebaut werden, wie die Weinbergschanze und die Vorwerke auf dem Kratzenberg (Tannenwäldchen) oder Reisberg (Nähe des jetzigen Hauptbahnhofs) sind nur hier im Bild überliefert. Einzelheiten wie das unbewaldete "Hohe Gras" oder der Dörnberg mit den Helfensteinen sind kulturgeschichtliche Quellen, die weit über den Stadtraum hinaus Bedeutung erlangen.

Im Vordergrund scheu wir eine Prinzessin (das Sechsergespann vor einer Kutsche stand nur Fürsten zu!) in einem vornehmen Reisewagen zusammen mit einem Kavalier, begleitet von vier livrierten Trabanten. Nach Mode und Zeitstellung, auch der Ähnlichkeit im Portrait, könnte es sich bei der Dame um Prinzessin Charlotte von Hessen (1627-1686) handeln. Sie war die Tochter Landgraf