Während hier einerseits engagierte Turner und Sportler auch während des Krieges nicht von ihrer Leidenschaft lassen wollten, erkannten Vorgesetzte andererseits, dass vor allem der Sport geeignet war, für Ablenkung und Erho-lung zu sorgen. Ein zwar oft improvisierter, aber manchmal geradezu friedensmäßig organisierter Sportbetrieb ließ die Soldaten wenigstens für einige Zeit den Schrecken des Krieges vergessen. Wenn darüber hinaus viele Soldaten an Turnabenden teilnahmen oder sich zum Fußballspielen trafen, dann hatte das den angenehmen Nebeneffekt, dass die körperliche Betätigung sich positiv auf die Einsatzbereitschaft der Männer auswirkte.
Fritz Nikolai brachte es mit seinem Sprung zu reichsweiter "Berühmtheit". Sowohl in der Deutschen Turn-Zeitung (DTZ) und in ande-ren Fachzeitschriften der Turnbewe-gung tauchte sein Namen auf. In seinem Tun trat das turnerische Selbstverständnis der Zeit zu Tage. Sowohl die Deutsche Turnerschaft als auch die verschiedenen Sportverbände rühm-ten sich, dass aus ihren Reihen eine große Zahl Kriegsfreiwilliger hervorgegangen war. Von 600.000 zu den Waffen geeilten Turnern berichtete die DTZ unmittelbar nach Kriegs-beginn.4 Und einer von ihnen war eben Fritz Nikolai. Die im Laufe des Krieges immer länger werdenden Gefallenenlisten führten auch immer wieder Namen von Vereinska-meraden. Der Tod eines Turners war als Opfer für den Sieg des Vaterlandes letztlich Sinnerfüllung, denn neben der sittlichen Erziehung war die Wehrhaftmachung elementarer Bestandteil turnerischen Selbstverständnisses. Mit dem Handgranatenwerfen, dem Gepäckmarsch und dem Gewehrfechten hielten militärische Übungen schließlich Einzug in den turnerischen Übungskanon. Auf dem traditionellen Feldbergfeste im Taunus nörd-lich von Frankfurt warfen die Jugendlichen ebenso im Wettkampfbetrieb Handgranaten wie in den noch aktiven Vereinen und eben auch auf den Turn- und Sportfesten hinter der Front.5
Fritz Nikolai hatte sich nicht nur während seines Einsatzes an der Ostfront dem Schwimmsport und dem Turnen gewidmet. Die DTZ berichtete, dass er bereits 1915 an der Westfront ein Wettschwimmen in Lille organisiert hatte, bei dem neben dem Wett-schwimmen und Kunstspringen auch Tauzie-hen im Wasser und "Hindernis- und Land-sturmschwimmen" auf der Tagesordnung standen.6 Turnen und Sport wurden also ganz bewusst durch militärische Übungen instru-mentalisiert. Die Mitglieder des Frankfurter Turnvereins 1860 wie Fritz Nikolai erfüllten aber nicht nur an der Front ihre Pflicht. Wie in den anderen Frankfurter Turn- und Sport-vereinen auch beteiligten sich die in der Hei-mat verbliebenen Mitglieder aktiv an dem so genannten vaterländischen Hilfsdienst. Die Vereinsmitglieder sammelten Liebesgaben und verschickten diese an die Front, sie über-nahmen Rohstoffsammlungen, engagierten sich in der Krankenpflege und warben für das Zeichnen der Kriegsanleihen. Die Turner und Sportler stellten sich ganz in den Dienst des Vaterlandes, so wie es dem eigenen Selbst-verständnis entsprach.7 Indes war der Übungs- und Wettkampfbetrieb nicht nur aufgrund der vielen im Heeresdienst stehen-den Mitglieder stark eingeschränkt. In vielen Vereinen musste er trotz Heranziehens von Jugendlichen und Frauen komplett eingestellt werden, da die zur Verfügung stehenden Plätze zum Ackerland und Gemüsegärten und die Turnhallen zu Lazaretten umgewandelt wurden.8
Vor allem die Deutsche Turnerschaft bemüh-te sich bereits während des Ersten Weltkrieges die Leistungen des Turnens für die Kriegsvorbereitung aber auch im Kriegshilfs-dienst selbst öffentlich darzustellen. Das Beispiel des Turners Fritz Nikolai war dabei ein durchaus schillerndes, das neben einer außergewöhnlichen Leistung nicht nur die Einsatzbereitschaft der Turner und Sportler dokumentierte, das Deutsche Reich in der Kriegsführung zu unterstützen, sondern die