Der "feldgraue" Turner Fritz Nikolai und der Frank-furter Turnverein 1860 im Ersten Weltkrieg


Nicht ohne Stolz berichtete der traditionsrei-che Frankfurter Turnverein 1860 im Rück-blick von den Leistungen und der Tätigkeit des Vereins im Ersten Weltkrieg. Ein Name fand dabei besondere Erwähnung. Das Ver-einsmitglied Fritz Nikolai hatte an der Ost-front in Bukarest ein Turn- und Schwimmfest organisiert. In der Festschrift des Vereins anlässlich des 75jährigen Bestehens hieß es dazu: "Im Felde hatten sich an manchen Fronten dauernde Stellungskämpfe entwi-ckelt, und eine Anzahl unserer Mitglieder, die längere Zeit an einem Platz lagen, haben, dem Drang ihrer turnerischen Veranlagung nachgebend, Turn- und Sportplätze in Fein-desland geschaffen. Wir erhielten allerhand Berichte aus dem Felde, die von der organisa-torischen Turnerarbeit und Turnfertigkeit zeugten, die sich unsere Turnbrüder trotz aller Kriegskost und Kriegsnot bewahrt hatten. So hatte unser Mitglieder Fritz Nicolai in Bukarest eine Turn-, Spiel- und Schwimmab-teilung geschaffen, die großen Anklang fand und vielen den Körper geschmeidig und ge-sund erhalten half."1
Höhepunkt des Turnfestes in Bukarest war zweifellos der spektakuläre Sprung Niko-lais vom 8 Meter Turm ins Wasser. Er sprang in Uniform, den Stahlhelm auf dem Kopf und dem Tornister auf dem Rücken. Dieser Sprung, der im Bild festgehalten wurde, führ-te dazu, dass das Engagement Nikolais über Bukarest und die Chronik des eigenen Ver-eins hinaus auf breites öffentliches Interesse stieß. "Und als gar Nikolai in feldmarschmä-ßiger Ausrüstung, mit Gewehr und Gepäck, seinen Kopfsprung vom 8 m hohen Turme ausgeführt hatte und, dem durch das eindrin-gende Wasser immer schwerer werdenden Ballast zum Trotz, noch die ganze Bahn durchschwommen hatte, da wurde er auf den Schultern durch die Reihen der ihn beglück-wünschenden Offiziere getragen."2 Es scheint, als ob die sportliche Leistung hier ähnliche Anerkennung fand, wie Tapferkeit und militärische Erfolge. Dass hieraus eine engere Verbindung von Sport und Wehrerziehung erwuchs, war fast zwangsläufig.
Turn- und Sportfeste, und das ist ein von der Geschichtswissenschaft in Bezug auf die weitere Entwicklung des Sports in Deutsch-land bisher nicht näher untersuchtes Phäno-men, wurden im Laufe des Ersten Weltkrieges zum festen Bestandteil des Alltags hinter der Front, in den besetzten Gebieten und in der Kriegsgefangenschaft.3

Fritz Nikolai während seines Sprunges auf dem Bukarester Sportfest.
Abbildung: Tauber