..

14

rechtigung [Existenzberechtigung] auf. Da die neuen preußischen Provinzen Hannover und Hessen-Nassau zu den schon in den Altprovinzen Rheinland und Westfalen bestehenden israelitischen Seminaren zwei weitere hinzugebracht haben, stellt der Kultusminister am 03.12.1904 an die Oberpräsidenten die Frage, ob nicht eine Verschmelzung einzelner dieser Anstalten . . . angebracht erscheint, da sie allein zum Teil sehr kleine Frequenzen haben und nur mühsam unterhalten werden können und daher ziemlich mangelhaft eingerichtet sind.1

Der Kasseler Oberpräsident wird beauftragt, mit den anderen Oberpräsidenten Verbindung aufzunehmen und darüber zu berichten. Die Stellungnahme, die das Kasseler Provinzial-Schulkollegium am 20.04.1905 für seinen Oberpräsidenten abgibt, steht dem Plan einer Vereinigung mehrerer Seminare prinzipiell positiv gegenüber, mit dem Hinweis darauf, daß die vier israelitischen Seminare in Kassel, Hannover, Köln und Münster sehr kleine und mangelhaft organisierte Anstalten sind und nur wenige schlecht besoldete Lehrer haben. Die seit 1901 geltenden neuen Lehrpläne für dreiklassige Präparandenanstalten und dreiklassige Seminare könnten sie nicht erfüllen. So habe das Kasseler Seminar nicht drei, sondern nur zwei bzw. eine Klasse, keine mit ihr verbundene Präparandenanstalt und statt sieben nur zwei vollbeschäftigte Lehrer. Würden nun die jüdischen Synagogengemeinden sich dazu verstehen, ihre Beiträge zu den Unterhaltungskosten der vier Anstalten zu vereinigen, so würde sich ein israelitisches Seminar errichten lassen, welches dreiklassig und mit drei Präparandenklassen verbunden wäre, auch gleich den christlichen Seminaren sieben Lehrer hätte. Dann würden die Lehrziele der neuen Lehrpläne in den israelitischen Seminaren ebenso leicht erreicht werden als in den christlichen.

Aber die Provinzen Rheinland und Hannover winken ab: die jüdischen Lehrerseminare zu Hannover und Köln möchten fortbestehen. Auch Vorsteheramt und Synagogengemeinde in Kassel wünschen das Weiterbestehen ihrer alten Stiftung. Die Gründe für die Ablehnung sind nicht genau auszumachen, da die Berichte in den Akten fehlen. Angedeutet werden sie, soweit sie das Kölner Seminar betreffen, in den Verhandlungen zwischen Kassel und Münster. Darin bezweifelt der Oberpräsident von Westfalen, ob eine Verschmelzung des Seminars in Cöln mit einer Anstalt in den übrigen beteiligten Provinzen mit Rücksicht darauf überhaupt in Frage kommen könnte, daß dem Vernehmen nach auf keiner anderen Anstalt der Standpunkt der strengen Orthodoxie derart durchgeführt sei wie in dem Cölner Seminar. Eine Vereinigung mit einem solchen Seminar hält er für undiskutabel, zumal es nicht vollständig eingerichtet sei und von einer extrem orthodoxen Partei getragen werde, die sogar in Frankfurt/M. und Fulda rührige Comites zur Anwerbung von Schülern unterhalte. Aber auch gegen Kassel grenzt er sich ab, indem er die 80jährige erfolgreiche Tätigkeit des in Münster bestehenden Seminars der "Marks-Haindorfschen Stiftung" hervorhebt, das hinter den Seminaren in Hannover und Kassel nicht zurückstehe, den Forderungen der neuen Lehrpläne nach Möglichkeit gerecht werde und dies vielleicht mehr als die Schwesternanstalten in den Nachbarprovinzen; so sei hier neben dem Hebräischen auch Französischunterricht erteilt worden. Wenn es bisher keine Prüfungsberechtigung habe, so liege dies nur an dem Zufall, daß Kassel und Hannover dieses Recht schon von ihren früheren Landesherrn erhalten hätten, nicht etwa, weil sie an sich tüchtiger und leistungsfähiger gewesen wären als das hiesige.

__________

1 StAM , Best. 152, Pr.-Sch. Nr. 2148. Ebd. alle folgenden Zitate.

 

..