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standespolitische Probleme auf jährlichen Tagungen zu beraten, die aber auch dazu beitragen soll, daß die israelitischen Lehrer lernen, sich einer gemeinsamen pädagogischen Aufgabe verpflichtet zu fühlen, die die Grenzen provinzieller Glaubensunterschiede etwas einebnet. Von 1868 bis 1893 leitet Stein die Konferenz selber, und die ständig zunehmende Teilnehmerzahl aus allen israelitischen Provinzen bestätigt ihm, daß er auf dem richtigen Wege ist. Darüber hinaus ist es Steins Anliegen, die israelitischen Lehrer in die hessische Lehrerschaft zu integrieren. Zwölf Jahre ist er Mitglied im Hauptausschuß, also dem führenden Gremium des Hessischen Lehrervereins, den er erst verläßt, als er politische Querelen gegen den bewährten Vorsitzenden, Christian Liebermann, nicht billigen kann.

1897 tritt Stein in den wohlverdienten Ruhestand. Eine hohe Ehre wird ihm noch an seinem Lebensabend zuteil: Die Verleihung des Roten Adlerordens IV. Klasse, einer Auszeichnung, die nur den in der Beamtenhierarchie rangierenden Räten IV. Klasse, im Bildungswesen verdienten Gymnasialprofessoren und Oberlehrern zusteht. Ein Jahr später stirbt er, betrauert von christlichen und jüdischen Lehrern, die ihm nachrufen: Er war ein Lehrer!1 Selbst wenn Stein während seiner längsten Amtszeit der einzige planmäßige Lehrer des Seminars ist, so bedeutet das nicht, daß er auch allein den Unterricht bestreitet. Er selbst nennt in seinem Rechenschaftsbericht von 1891 eine Reihe von qualifizierten Hilfslehrern, die ihm zur Seite gestanden haben. Zwei ragen daraus besonders hervor: Dr. Eduard Römer und Christian Lange.

Eduard Römer,2 geboren am 3. Februar 1819 in Marburg, hatte das Seminar in Marburg und Schlüchtern besucht, war 1837 Hilfslehrer am Seminar in Homberg und 1839 Lehrer an der Stadtschule in Zierenberg geworden. 1843 als Elementarlehrer an die Realschule in Kassel versetzt, hatte er nach einem Zusatzstudium die Reallehrerprüfung abgelegt, die Stelle eines ordentlichen Lehrers erhalten und an der Universität Marburg promoviert. Von seiner Fachkompetenz zeugten zahlreiche Publikationen in nationalen und internationalen Zeitschriften und seine Mitgliedschaft in europäischen und amerikanischen naturwissenschaftlichen Gesellschaften. Seit 1856 unterrichtet Römer nebenamtlich die naturwissenschaftlichen Fächer am israelitischen Seminar. Seine Zugehörigkeit zum Kollegium wirkt sich dadurch besonders günstig aus, daß er den Seminaristen den Zugang zu den naturwissenschaftlichen Sammlungen der Realschule ermöglicht. Noch 28 Jahre später gedenkt die Israelitische Lehrerkonferenz des beliebten Lehrers, der zum innigsten Bedauern aller Beteiligten 1872 krankheitshalber zurücktreten mußte.3

Christian Lange,4 geboren am 15. Juni 1830 in Sooden an der Werra, hatte von 1847 bis 1850 das Seminar in Homberg besucht, war anschließend Lehrer an Volksschulen in Homberg, Eschwege und Kassel, sowie an der Kasseler höheren Töchterschule gewesen. 1869 geht er als Elementarlehrer an die neugegründete Realschule I. Ordnung (das spätere Realgymnasium), wird dort

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1 Amram, W.: wie S. 11, Anm. 2b.

2 Ackermann, K.: wie S. 11, Anm. 2a.

3 Amram, W.: wie S. 11, Anm. 2b, S. 22.

4 Vgl. Wittich, Wilhelm: Rückschau auf d. fünfundzwanzigjährige Geschichte d. Casseler Realgymnasiums, Cassel 1894.

 

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