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Am 16.03.1874 stellt der Landesrabbiner der Regierung vor, daß es von Vorteil sein würde, wenn sie offizielle Präparandenlehrer bestelle und angemessen vergüte. Bisher hätten Knaben, die Lehrer werden wollten, sich an irgendeinen Lehrer gewandt, der sie gegen Bezahlung auf das Seminar vorbereitet hätte. Da nun fast ausschließlich nur Kinder armer Eltern Lehrer werden wollen, so schreckt die Ausgabe sehr häufig die Eltern ab, und sie führen sie lieber dem Handwerke zu, für welches ihnen das Lehrgeld von der Gesellschaft der Humanität bezahlt wird.1

Die Regierung antwortet am 11.04.1874, daß Präparandenlehrer von ihr überhaupt nicht bestellt werden, sondern die Lehrer, die sich freiwillig der Ausbildung von Präparanden widmen, von Fall zu Fall mit Unterstützung bedacht werden. Daraufhin benennt das Vorsteheramt solche Lehrer. In Rücksicht auf den immer mehr zunehmenden Mangel an israelitischen Elementarlehrern und um dem hiesigen Lehrerseminar eine möglichst große Anzahl Zöglinge zuzuführen, haben wir fünf der tüchtigsten Lehrer unseres Verwaltungsbezirks . . . veranlaßt, sich mit der Ausbildung von Präparanden für das hiesige Lehrerseminar zu beschäftigen und denselben von ihnen für jeden ausgebildeten Zögling bei dessen Aufnahme in das hiesige Seminar eine dem Betrag nach noch festzustellende Vergütung zugesagt; ferner ihnen aufgrund des Beschlusses vom 11.04.1874 eine Unterstützung seitens der Königlichen Regierung in Aussicht gestellt. Die Regierung läßt sich von jetzt an jährlich die Namen der aufgenommenen Zöglinge und ihre Ausbilder nennen, genehmigt die Vergütung und zahlt staatliche Zuschüsse. Mit der Übertragung auf wenige qualifizierte Lehrer wird die Vorbildung auch der israelitischen Seminaristen einheitlicher und gründlicher.

Stein fällt 1872 die Aufgabe zu, den Lehrplan im Sinne der "Allgemeinen Bestimmungen" zu reformieren. Sie hatten eine Rührigkeit auf dem Gebiete des Seminarwesens überhaupt hervorgerufen; galt es doch, die gesteckten Ziele näher zu erkennen, die Wege zur Erreichung derselben zu ebnen und den Unterrichtsstoff sorgfältiger Auswahl und Behandlung zu unterziehen.2 Stein nimmt an den Konferenzen der christlichen Seminarlehrer teil und bringt ihre Ergebnisse in seinen Lehrplan mit ein. Nicht allein daß einige Gegenstände wie Chemie, Unterricht in einer fremden Sprache und Turnen neu in den Lehrplan eingefügt werden mußten, sondern es wurden auch in den übrigen Gegenständen erhöhte Anforderungen gestellt. Es bedurfte der größten Anstrengung, wenn die vorhandenen Kräfte die Aufgabe bewältigen wollten . . . Dennoch gingen dieselben freudig an das Werk.3 Am 5. März 1873 wird der Lehrplan eingereicht und vom Provinzial-Schulkollegium nach mehreren Korrekturen genehmigt, aber mit dem Hinweis, daß vorläufig tolerierte Mängel durch Einstellung weiterer Lehrer alsbald abzustellen seien.4

Die Versorgung des Seminars mit geeigneten Lehrern bleibt nach wie vor ein Problem. Ostern 1866 ist Jakob Stein nach Kassel gekommen und zunächst

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1 StAM, Best. 166, preuß. Regierung Kassel, Nr. 4003. Ebd. alle folgenden Zitate.

2 Wie S. 4, Anm. 2, S. 25.

3 Ebd., S. 24.

4 StAM, Best. 152, Pr.-Sch. Nr. 2151.

 

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