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Struktur des Kreises bestand aus einem inneren Ring von Personen, mit denen Moritz häufig Kontakt hatte: Es waren seine Leibärzte, darunter Jacob Mosanus, Hermann Wolf, Johannes Hartmann, den Moritz 1609 zum Professor der Chemiatrie an der Universität Marburg ernannte, Johannes Rhenanus, Ludwig Combach, und Johann Daniel Mylius sowie die Laboranten Hans Eckel, Georg Happel, Peter Hermes, Daniel Radpoldt und Conrad Schuler. Zu diesem inneren Ring gehörte auch ein wichtiger paracelsistischer Theologe, Raphael Eglinus, der sich ebenfalls mit Alchemie befaßte und der ebenso wie Hartmann eigentlich untypisch für diesen Kreis ist, da beide öfter in Marburg als in Kassel zu finden waren.

Außerhalb des inneren Ringes gab es einen Zirkel von hermetischen Ärzten, Alchemisten und Adepten, die von Moritz gefördert wurden. Alle übermittelten dem Fürsten ihre eigenen Arbeiten, aber auch Berichte über die Tätigkeit anderer Adepten. Die Mitglieder dieses Zirkels waren bekannte Persönlichkeiten wie Michael Maier und Johann Thölde sowie bedeutende Paracelsisten wie Joseph Quercetanus, Joachim Tankius, Benedictus Figulus, Heinrich Nollius und Johannes Poppius. Dieser Zirkel umfaßte aber auch kleinere Geister, unter anderem Adepten wie Georg Stange, Philipp Müller, Laurentius Meisner und Heinrich Dauber. Außerhalb dieses Zirkels muß man sich einen weiteren äußeren Kreis vorstellen, zusammengesetzt aus zahlreichen Personen, deren Ideen dem Fürsten entweder direkt oder durch andere Mitglieder dieses Kreises übermittelt wurden. Man soll nicht denken, daß dieser äußere Kreis planlos wirkte oder ohne Führung war. Moritz selbst entschied, welche Art von Projekten fruchtbar waren und welche erfolglos bleiben mußten. Rezepte wurden von dem Landgrafen selbst gelesen und in den Hoflaboratorien geprüft.

Die einzelnen Mitglieder in dem alchemistisch-paracelsistischen Netzwerk von Moritz wirkten an unterschiedlichen Projekten mit und vertraten oft völlig widersprüchliche Meinungen. Von tatsächlicher Zusammenarbeit kann nicht die Rede sein, und doch flossen alle gewonnenen Erkenntnisse an einem Punkt zusammen: In der Person des Landgrafen. Natürlich fußte das System in erster Linie auf den schriftlichen Berichten der Laboranten und Ärzte. Allerdings konnte Moritz auch selbst Kontakt zu den Mitgliedern des Kreises aufnehmen, sei es durch Briefe, sei es durch damit betraute Emissäre. Solche einen Auftrag erhielt z.B. Jacob Mosanus im Jahr 1612. Sein Bericht 9) beleuchtet deutlich und klar, daß die Persönlichkeit von Moritz der verbindende Faktor für alle Tätigkeit innerhalb des Kreises war. Auf Moritz` Anordnung besuchte Mosanus zuerst das Labor des Johannes Rhenanus, der übrigens ein Schüler von Hartmann war und, wie Mosanus, Leibarzt des Fürsten. Rhenanus gestattete Mosanus nur widerwillig den Zugang zu seinen Öfen und alchemistischen Geräten und weigerte sich, über die Substanzen zu sprechen, mit denen er arbeitete. Er sagte nur, der Landgraf wisse schon, woran er arbeite, und er werde ihm schriftlich Bericht erstatten. Mosanus besuchte dann das Labor von Peter Hermes und berichtete von einem weissen Pulver, das Hermes calcem lunae (ein Metallkalk aus Silber) nannte und von einem gelben Pulver, genannt "Schlag Golt." Es ist jedoch ganz offenkundig, daß Mosanus auch hier keine eigentliche Information erhielt. Er schreibt: "ob nuhn diese beyde Euer Fürstlich Gnaden raht oder unraht schaffen, und ob ihre labores derselbigen erspriesslich oder nachteilig sein werden, (weil alle ihre sachen, vorgeben, und intention mihr unbewusst und unbekannt) kan ich mit nichten sagen, sondern muss Euer Fürstlich Gnaden (dem sie dan ihre Sachen allein vertrawet) solches nach ihrem hocherleuchten verstant zu dijudiciernen und zu ermesen underthenig anheimstellen."

Er fährt dann fort: "Mauritii ad sacras Mosanus nunc venit aras" (jetzt kommt Mosanus zu den heiligen Altären von Moritz). Ich nehme an, daß es bedeutet, daß Mosanus nun die beiden Laboratorien des Landgrafen besuchte. Hier findet er Daniel Radpoldt, der Kupfer mit Salz kalzinierte, um einen "Amausen" (ein künstlicher Edelstein aus Glas) herzustellen. Mosanus kommentiert dazu kritisch, daß

 

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