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zumal sie geringer an Zahl als die eingeschlossenen Franzosen waren und ausserdem durch andauerndes Regenwetter zu leiden hatten. Die Wege wurden bald grundlos, wodurch die Verbindung zwischen den einzelnen Standorten und ein rechtzeitiges Sammeln bei Ausfüllen der Besatzung erschwert wurde. Zwar war schon am 21. Februar mit der Anlage zu einer Schanze neben dem Tannenwalde bei Obervellmar und auf dem Warteberge bei Niedervellmar begonnen worden, aber die Herbeischaffung von Geschütz und Munition hatte sich durch die Ungunst des Wetters so sehr verzögert, dass erst in der Nacht vom 1. zum 2. März die erste Tranchée vor Wolfsanger quer über die Ihringshäuser Allee ausgehoben werden konnte. Die Besatzung war dagegen nicht unthätig und machte wiederholte Ausfälle, so namentlich in der Nacht vom 6. auf 7. März. Eine Abtheilung von ungefähr 3000 Mann rückte unter dem Befehle des Marquis de Rochechouant in 3 Kolonnen gegen die Werke der Belagerer vor, nahm 2 Batterien, vernagelte die Geschütze und vernichtete die Munition. Beim Fasanenhofe leisteten jedoch die Hessen unter Hauptmann Schminke erfolgreichen Widerstand und warfen die Angreifer zurück. Die nächsten Tage wurden von den Alliirten zur Herstellung der erlittenen Schäden benutzt, während die Franzosen die vor dem Ahnaberge noch stehenden Gebäude, wie Schützenhof, Holzmagazin u. a. niederbrannten. Am 16. März, Nachmittags 5 Uhr begann die eigentliche Beschiessung der Stadt und der Festungswerke, namentlich vor dem Ahnaberger Thore, von wo aus die Kanonenkugeln die Müllergasse, die Fliegengasse und den Platz vor dem Zeughause entlang durchsausten und schreckliche Verheerungen anrichteten. Nach den Rechnungen im Stadt-Archive war der Schaden ein beträchtlicher, während die Zahl der Todten nach den Kirchenbüchern gering war, da sich die bedrohte Bürgerschaft beim ersten Kanonenschusse in die Keller und Kasematten geflüchtet hatte. Neue Ausfälle der Belagerten blieben erfolglos und wurden mit grossen Verlusten zurückgeschlagen. Den Verbündeten gelang die Einnahme einer Schanze vor dem Friedhofe an der Ahna, und am 26. und 27. März fanden wieder heftige Beschiessungen von Kassel statt, richteten einige Schäden an, die Bomben zündeten hier und da, durchschlugen sogar das Dach der Martins-Kirche, ein Erfolg wurde indessen nicht erzielt. Im Laufe des 27. März traf aus dem Hauptquartiere des Herzogs Ferdinand der Befehl ein zur Aufhebung der Belagerung, und Graf Wilhelm räumte in der folgenden Nacht die Werke. Schon am 29. März 1761 traf Marschall Broglio der Aeltere wieder in Kassel ein, die Thore wurden geöffnet und die geängstigte Bevölkerung wagte sich wieder hervor. Aber dies sich darbietende Bild der Verwüstung war schlimm genug. Nur blieb die Stadt dank dem vorzüglichen Lazarethwesen von Krankheiten verschont.

Reichen Beifall lohnte den Redner für den hoch fesselnden Vortrag und der Vorsitzende sagte ihm noch besonders Dank.

 

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