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unter den Kämpfen der Verbündeten mit den Franzosen zu leiden gehabt, insbesondere wenn es den Letzteren gelang, sich festzusetzen und hinter den schützenden Wällen der festen Plätze, vor allem der Hauptstadt Kassel, sich zu verschanzen. Das französische Heer unter dem Oberbefehl des Marschall Broglio war schon seit Ende Juli 1760 im Besitze von Stadt und Festung Kassel. Der Herzog liess seine Truppen am 11. Februar 1761 aus den Winterquartieren in 3 getrennten Heersäulen aufbrechen und verlegte sein Hauptquartier vom Kreise Hofgeismar nach dem Kreise Wolfhagen, während die Unter-Feldherrn noch weiter vorgingen. Marschall Broglio sah sich genöthigt, Kassel zu verlassen (14. Februar) und zog sich zuerst bis Melsungen, dann bis Hersfeld zurück. Die Vertheidigung von Kassel hatte er beim Abzuge seinem jüngeren Bruder, einem tapferen, entschlossenen und umsichtigen Offizier übertragen. Die französische Besatzung zählte nach Heranziehung der in Witzenhausen und Münden gelegenen Truppen etwa 7000 Mann, von denen aber nur ein kleiner Theil in der Kaserne untergebracht war, während der grössere Theil in Bürger-Quartieren lag, wie die städtischen Listen im Näheren ergeben. Nur wenige Häuser waren auf Grund alter Privilegien auch in Kriegszeiten von Einquartierung befreit, wie z. B. das v. Waitz’sche, das Wolf v. Gudenbergische und das Thurn-Taxis’sche in der Hohenthor-Strasse. Für den Fall des Angriffs wurden die Festungswerke fortwährend verbessert und vor dem Ahnaberger Thor 3 Lünetten angelegt, ebenso hatte man sich reichlich mit Proviant aller Art versehen, mit grossen Fleisch-Vorräthen und lebendem Vieh, welches letztere man aus der Umgegend in grossen Heerden entführt und in die Stadt gebracht hatte. Aber man hatte auch, wie das Tagebuch des Steuerraths Gottsched und Aufzeichnungen des Domänenraths Kulenkamp (Urgrossvaters des Redners) ergeben, in vielen Häusern der Oberneustadt Kammern zur Aufnahme von Holz und Stroh hergerichtet, um bei einem Angriffe der Verbündeten von dieser Seite die ganze Oberneustadt in Asche zu legen. Es stellte sich sogar ein Mal im Thorwege des Palais des Prinzen Maximilian (heutiges Theater) ein Detachement Soldaten auf, um etwaige Löschversuche Seitens der Bürger zu vereiteln. Von der Karls-Aue her war ein Angriff auf Kassel nicht zu befürchten, und verlas Redner einen darauf bezüglichen, dem Marburger Staats-Archive entnommenen interessanten Briefwechsel zwischen dem Landgrafen Friedrich II. von Hessen und dem Herzoge Ferdinand von Braunschweig.

So war die Besatzung von Kassel auf die am 19. Februar 1761 beginnende Belagerung Seitens der Alliirten in jeder Weise vorbereitet. Geleitet wurde dieselbe vom Grafen Wilhelm von Schaumburg, einem der tüchtigsten Artillerie- und Ingenieur-Offiziere seiner Zeit, und beigegeben war ihm der hessische Artillerie-Oberst Huth, welcher sich ebenfalls grossen Ansehens erfreute. Die Belagerer hatten indessen, da es galt, einen befreundeten Ort zu entsetzen, einen schweren Stand,

 

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