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hält. Der junge Schwalmbewohner wird im ersten Jahre nicht gekämmt und bekommt keine Schläge. Es ist ihm nicht erlaubt, eine Katze anzufassen oder im Regen herumzulaufen. Sein Körper darf keine geflickte Hülle tragen und eine in seinen Kittel eingenähte Kornähre erleichtert ihm das Lernen.

Auch beim Lebensschlusse, beim Tode, machen sich die verschiedensten Gebräuche bemerkbar. Die allgemein verbreitete Volkssitte kennt viele Vögel, die den Tod ankündigen. Die auf dem Haushag schlagende Amsel kündigt dem Hauskranken den Tod an. Wenn der Buchfink anhaltend um dasselbe Wohnhaus ruft und gar bis in die Tenne geflogen kommt, so wird hier bald Jemand sterben. Ein an das Fenster pickender Vogel meldet den Tod eines in der Fremde Gestorbenen. Als Todesverkünder kennt man auch den kleinen Steinkauz, im westfälischen Hessen (Wolfhagen) Klawitchen, im östlichen Hessen und Ziegenhain das Kriddewisschen geheissen, das an die erleuchteten Krankenstubenfenster fliegt und mit seinem Ruf Kiwitt den Kranken mitkommen heisst.

Stirbt der Hausherr, so wird alles, was lebt, aus der Ruhe aufgerüttelt. Das Vieh im Stalle, den Vogel im Käfig jagt man auf und den Bienenkorb im Garten stösst man um. Auch die Blumenstöcke werden von ihrem Standort gerückt, ja sogar die Körnerfrucht und alles, was im Keller aufbewahrt wird, bringt man in Bewegung. Man nennt diesen Brauch das „Todansagen“. Geschieht dies nicht, so nimmt Alles Schaden, stirbt oder verdirbt; denn der Tod hat eine ziehende Kraft. Dagegen wird die Wanduhr so lange zum Stehen gebracht, bis die Leiche aus dem Hause ist. Der scheidenden Seele öffnet man im Augenblick des Todes das Fenster, schliesst aber die Hausthür, damit der Heimgegangene kein Heimweh nach seiner Wohnung bekommt. Die Leiche muss stets zuerst mit den Füssen zur Hausthür hinausgetragen werden, da sonst der Todte nach seiner Wohnung zurück schaut. Soll der Todte keine Lebenden nach sich ziehen, so darf kein Name eines solchen in dem Leinenzeuge bleiben, das derselbe mit in den Sarg bekommt. Das Todtenlicht ist allgemein gebräuchlich in Stadt und Land. Es wird im Zimmer des Todten die ganze Nacht brennend erhalten. Erlischt es zufällig, so ist dies ein Zeichen, dass sehr bald wieder ein Glied der betreffenden Familie stirbt. Es wird so lange brennen gelassen, bis es von selbst erlischt.

Die Leiche eines kleinen Kindes pflegt nach Gebrauch in Oberhessen stets eine Jungfrau auf dem Kopfe zum Grabe zu tragen. Sobald der Sarg dem Mädchen am Grabe abgenommen ist, kehrt es sein Angesicht vom Grabe ab und schleudert das Kissen, auf dem die Leiche getragen worden, durch eine Kopfbewegung rücklings in die Gruft. Hierdurch soll verhindert werden, dass das todte Kind niemand weiter nach sich zieht. Beim Begräbnis spielt Rosmarin eine Rolle und findet die mannigfaltigste Verwendung.

In der Marburger Gegend herrscht die sinnige Sitte, dass die Eltern ihrem in früher Jugend verstorbenen erstgeborenen

 

 

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