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Hessen stellte daher 6000 Mann unter preussischen Oberbefehl, so lange die Unternehmungen gegen Frankreich währten. Schon am 15. August stand bei dem damals noch hessischen Rheinfels ein hessisches Corps von 11 Schwadronen, 8 Bataillonen und 4 leichten Kompagnien nebst entsprechendem Geschütze zum Marsche bereit, lauter Truppen, welche nach dem Urtheile preussischer und französicher [französischer] Militärs im vorzüglichstem Stande waren. Die hessische Infanterie galt als die beste des Jahrhunderts. Kriegsgeübt, namentlich für den kleinen Krieg tüchtig, hatten sie die Feldzüge in Amerika mitgemacht. Der von den Verbündeten gemachte Feldzug in die Champagne war die erste gemeinschaftliche Aktion gegen die Franzosen. Ihr Ausgang ist bekannt genug; doch war es nicht der glühende Thatendrang der begeisterten Revolutionsarmee, sondern die Unfähigkeit und Kopflosigkeit der Führung der deutschen Truppen, welche der französischen Armee zum Siege verhalf, wie dies von einem Franzosen selbst, nämlich Camille Rousset, längst nachgewiesen ist. Der Rückzug unserer Truppen bot das kläglichste Schauspiel, wie es später Generallieutnant von Lossberg drastisch geschildert hat. Verhältnismässig gut machten noch die hessischen Truppen den Rückzug mit; sie konnten sogar noch einen schnellen Marsch nach dem angeblich bedrohten Coblenz ausführen. Bald traten die hessischen Truppen den Rückmarsch in die Heimath an. Am 10. November erreichte man die Umgebung Marburgs und rüstete sich, den Feind, welcher inzwischen in nächster Nähe zu sehen war, anzugreifen. General Custine nämlich hatte während des Rückmarsches der Deutschen aus der Champagne den Rhein überschritten, hatte Speier und Worms geplündert, Mainz durch Verrath genommen und entsandte am 22. Oktober seinen General Neuwinger zur Besetzung von Frankfurt ab, dessen Rat sich vergeblich auf die Neutralität des Deutschen Reiches berief. Von Mainz und Frankfurt aus beunruhigten die Truppen der fränkischen Volksbeglücker die Umgegend, bis sie auf ernsten Widerstand stiessen. So am 26. Oktober bei Nauheim, wo ein 125 Mann starkes Detachement Hessen 5 Stunden lang sich gegen 1500 Manu unter Houchard vertheidigte, bis das geringe tapfere Häuflein die letzte Patrone verschossen hatte. Die noch lebenden geriethen bei Ostheim in Gefangenschaft; sie wurden von Custine wie wilde Thiere den Frankfurtern zur Schau vorgeführt, während Houchard ihre militärische Bravour überall anerkannt hatte. Als der Landgraf den Einmarsch der französischen Truppen in seine Lande vernommen, eilte er von Verdun aus sofort herbei, war am 17. Oktober in Kassel eingetroffen und hatte die erforderlichen Schritte zur Landesvertheidigung gethan. Denn auf deutsche Reichshilfe war nicht zu rechnen, da man sich erst am 23. November 1792 zu dem Entschlusse ermannte, auf Ende Februar 1793 ein Reichskontingent von 120000 Mann zur Vertreibung der Franzosen mobil zu machen. Da hiess es also sich selber helfen. Ende November 1792 war man auf hessischer Seite so weit in den Rüstungen vorgeschritten, dass man auf Frankreich los marschiren konnte; am 25. November brachen aus der Marburger Umgegend folgende hessische Truppentheile auf, um sich bei Giessen mit preussischen von Herborn kommenden zu vereinigen; die Regimenter

 

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