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[wirk]samen Widerstand gegen das fremde Nachbaridiom stark macht. In gleicher Weise sprechen Kärnthen und Krain ein viel schriftmäßigeres Deutsch, als Nordtirol, Salzburg und ganz Oberbayern.

Die Hessen selbst wußten über den Ursprung ihres Namens wenig zu sagen. Wenn einmal die eigentliche Bedeutung dem Gedächtniß entschwand, so sucht der Mensch nach einem Sinne, den er dem Worte unterlegen möchte. So ward einst Basel von Basilisken, Emrich von Eimer abgeleitet, und ein Bauer von Radein behauptete, der Name seines Geburtsortes rühre daher, daß die schlechten Wege ihnen gleichsam fortwährend „Rad ein !“ zuriefen. Ebenso erzählte auch ein Deutschenofener, sie riefen zu ihren Ochsen, die sie in das Etschland hinabtreiben, „häs zuruck !“ und daher würden sie Hessen genannt. Diese bündige Erklärungsweise würde allerdings unsre Hypothesen beseitigen. Indessen manches unzweifelhaft Eigenthümliche, welches die Rökelberger von Tirol fremdartig scheidet, mir aber heimathlich vorkam, die Tracht der alten Männer, die Tradition jener Großmutter in Egenthal, die sonderbaren Zaunlücken, ja der Name selbst machen einen Zusammenhang der Hessen in Tirol mit den Hessen in Deutschland nicht unmöglich. Daher will ich auch die Aeußerung eines alten Geistlichen nicht verschweigen, der freilich zu der Zeit, wo ich das Hessenland besuchte, leider nicht mehr am Leben war. Dieser Mann wollte nämlich Urkunden gesehen haben, aus denen hervorging, daß die Bewohner der erwähnten vier Dörfer aus dem deutschen Hessenlande stammten. Zur Reformationszeit den katholischen Glauben festhaltend, wären sie in der Heimath Anfechtungen ausgesetzt gewesen, wären auf die Einladung des Bischofs von Brixen nach Tirol ausgewandert und hätten das Rökelngebirg urbar gemacht. Ob die hessische Spezialgeschichte einen aufklärenden Wink über diese Frage zu geben vermag, ist mir unbekannt. So viel ich weiß, hat wenigstens Landgraf Filipp zu keinen Auswanderungen Veranlassung gegeben. Wie dem nun sein mag, so wird vielleicht ein Andrer im Rökelngebirg glücklichere Forschungen machen; jedenfalls wird ihn ein Besuch bei den biedern Hessen nicht gereuen.

Wiesbaden, 8. Oktober                                                   1854. Dr. Peez.

 

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