Aus Stadt und Land 57 Aus Stadt und Land Wäre ein Plan des von 1677 bis zu seinem Tod im Jahre 1730 regierenden Landgrafen Karl von Hessen-Kassel (1654–1730) aus dem Jahr 1710 verwirklicht worden, dann würde heute durch Hessen eine Wasserstraße führen, die den Rhein mit der Weser verbindet. Landgraf Karls über fünfzigjährige Regierungszeit war geprägt vom Merkantilismus. Diese Wirtschaftsform des absolutistischen Staates sollte dazu dienen, die enorm gestiegenen Finanzbedürfnisse zu befriedigen. Dafür wurden zur Stärkung der Wirtschaft im eigenen Land lenkende Maßnahmen ergriffen, die darauf ausgerichtet waren, den Reichtum des eigenen Landes auf Kosten anderer Länder zu mehren. Dazu gehörte u.a. die Einschränkung des Warenimportes, die Steigerung des Warenexportes, Bevölkerungswachstum und der Ausbau der Verkehrswege. Zu Karls bemerkenswertesten Plänen gehörte der Ausbau einer Wasserstraße von der Weser zum Rhein. Die Landgrafschaft Hessen-Kassel war Durchgangsland für den Warenverkehr aus den Nordseehäfen zu den bedeutenden Handelsstädten Frankfurt und Nürnberg und von den Handelszentren am Mittel- und Niederrhein nach Thüringen und Sachsen. Da auf Kähnen wesentlich mehr Waren transportiert werden konnten als auf Wagen, lag der Ausbau eines Wasserweges nahe. Das größte Hindernis für dieses Projekt war die Rhein-Weser-Wasserscheide. Durch das damalige Hessen führte die Rhein- Weser-Wasserscheide zunächst von Westen vom Wittgensteiner Land kommend auf der Wasserscheide zwischen Lahn und Eder durch das damals zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt gehörende Hinterland und erreichte am nördlichen Rand der Wetschaft-Senke die damalige Landgrafschaft Hessen-Kassel. Sie führte weiter über den Burgwald zum südlichen Kellerwald. Von dort aus verläuft die Wasserscheide südwärts durch die Gilserberger Höhen. Ab Speckswinkel führt die Wasserscheide über den Neustädter Sattel zwischen Stadtallendorf und Neustadt zum Vogelsberg und danach ostwärts zur Rhön, um schließlich den Thüringer Wald bzw. das Thüringer Schiefergebirge zu erreichen. Neben den für den Kanal zu überwindenden natürlichen Barrieren traten wirtschaftspolitische Hindernisse. Das merkantilistische Wirtschaftsprinzip machte es erforderlich, dass der Kanal nach Möglichkeit nur über eigenes Staatsgebiet gebaut werden sollte. Damit war eine Schifffahrtsstraße von der Fulda über die Eder zur Wetschaft von vornherein ausgeschlossen, denn von der Fulda bis nach Frankenberg hätten bei Fritzlar das Kurfürstentum Mainz, im Anschluss westlich davon das Fürstentum Waldeck und das zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt gehörende Amt Itter durchquert werden müssen, ehe bei Ederbringhausen wieder das Territorium der Landgrafschaft Hessen-Kassel erreicht worden wäre. Damit war vorgeben, dass die Rhein-Weser-Wasserscheide zwischen den Flüssen Ohm auf der Rheinseite und Schwalm auf der Weserseite überquert werden musste. Und auch hier stand die niedrigste Stelle auf dem Neustädter Sattel nicht für Der Landgraf-Carl-Kanal von der Schwalm zur Wohra Eike Erdel
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