2 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT
Emanzipation mit dem Stimmzettel
Ruth Piro-Klein
Mit dem Titel „Damenwahl“ warb eine
Ausstellung, die im Historischen Museum
in Frankfurt zum Thema „Frauenwahlrecht“
vom 30. August 2018 bis 20. Januar 2019 zu
sehen war. Das Wahlrecht für Frauen ist gerade
einmal 100 Jahre alt. Jahrhundertelang
waren
Frauen von jeglicher politischer Einflussnahme
ausgeschlossen. Öffentlich wie privat waren
sie von Männern abhängig: als Kinder und
Jugendliche von den Vätern, als Ehefrauen von
ihren Ehemännern, als Unverheiratete von Brüdern
oder anderen männlichen
Verwandten.
Zwar wurde bereits während der Französischen
Revolution von 1789 die Gleichberechtigung
von Mann und Frau thematisiert. Aber,
nachdem das allgemeine Wahlrecht für Männer
durchgesetzt war, wurde das Wahlrecht für
Frauen nicht mehr weiter verfolgt.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert forderte der
Sozialdemokrat August Bebel das Wahlrecht
für Frauen: „Der Einwand, sie verstehe nichts
von öffentlichen Angelegenheiten, trifft sie
nicht mehr als Millionen Männer, welche die
vornehmste Pflicht eines Staatsbürgers, sich
um dieselben zu kümmern, vernachlässigen.
Mit der Gewährung von Rechten kommt das
Interesse, mit der Übung der Rechte die Einsicht.
Um Schwimmen zu lernen, muss ich ins
Wasser gehen können, sonst lerne ich es nicht.“
„Was für die Arbeiterklasse recht ist, kann für
die Frauen nicht unrecht sein.“ (August Bebel,
1895). Aber noch viele Jahre galt der Satz: „Politik
ist Männersache“. Der Satz hat in den Köpfen
teilweise bis heute Gültigkeit.
Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
Argumente gegen das Frauenwahlrecht
Es hieß, Frauen hätten eben ein kleineres Gehirn
als Männer, Frauen seien an Politik nicht
interessiert; sie seien nicht geeignet für ein
Auftreten im öffentlichen Leben; ihre gesellschaftliche
Rolle sei die der Hausfrau und
Mutter; eine Einführung des Frauenwahlrechts
habe folglich negative Auswirkungen
auf die Familie; Frauen seien zu leicht beeinflussbar;
Frauen hätten eine starke Bindung
an Kirche und karitative Einrichtungen, sie
würden zu einer Konkurrenz für Ämter und
Mandate der Männer.
Frauen wurden in der Gesellschaft und durch
die Gesellschaft auf die drei „K“ reduziert: Kinder,
Küche, Kirche. Zwar kämpften Frauenrechtlerinnen
wie die Engländerin Emmeline
Pankhurst und in Deutschland Schriftstellerinnen
wie Hedwig Dohm und Politikerinnen wie
Clara Zetkin, Marie Juchacz und Luise Zietz um
politische Einflussnahme von Frauen. Auch der
1. Weltfrauentag 1911 forderte das Wahlrecht
für Frauen. Es fanden sogar Demonstrationen
statt wie z. B. 1912 in Berlin. Aber erst der Erste
Weltkrieg führte in Deutschland zum Erfolg.
Dieser Krieg und die Arbeit der Frauen an der
Heimatfront war sicher nicht der einzige Auslöser.
Lebensmittelverknappung und -verteuerung,
Reallohnsenkung und Schwarzhandel
führten zu Hungerrevolten der Hausfrauen und
Arbeiter und waren damit Voraussetzungen für
den Erfolg der Novemberrevolution 1918.
Die Revolution fegte die alten Ordnungen
hinweg und mit ihnen, zumindest zum Teil,
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite
 
 
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite