28 Aus der Arbeit des VHG
zur Emil-Nolde-Ausstellung „Die Pracht der
Farben“ nach Baden-Baden eingeladen hatte.
Lesenswertes in Auswahl
Mit Schwertern und mit Stangen.
Prof. Dr. David Mayes (USA) berichtete
über den „Kirchhoftumult“ in Frankenberg
Frankenberg. Es gab nicht nur den spektakulären
„Marburger Kirchentumult“ im Jahr
1605, bei dem aufgebrachte Bürger gegen
die „Verbesserungspunkte“ des reformierten
Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel revoltierten,
indem sie die Pfarrkirche stürmten
und den Pfarrer Valentin Schoner mit seinen
Anhängern verprügelten. Auch in Frankenberg,
so berichtete bei einem Gastvortrag in
der dortigen Liebfrauenkirche Prof. Dr. David
Mayes von der Sam Houston State Universität
(Texas), kam es genau 100 Jahre später noch
zu einer viel schwereren, teilweise sogar mit
Waffen geführten Auseinandersetzung zwischen
lutherischen und reformierten Christen
auf dem Kirchhof.
Dieses dramatische Frankenberger Ereignis
als langfristige Folge der konfessionellen Polarisierung
durch den kalvinistischen Moritz
den Gelehrten war in der hessischen Kirchengeschichte
bisher nicht bekannt. Der amerikanische
Historiker Mayes war während seiner
Studien in Deutschland erstmals auf diesen
Vorgang gestoßen und hatte dabei im Marburger
Staatsarchiv 1500 Protokollseiten ausgewertet,
die von den Verhören der Frankenberger
Tumult-Täter mit beeindruckendem
Detailreichtum erhalten geblieben sind. Die
Zuhörer seines Vortrags in der Liebfrauenkirche
zeigten sich erschüttert von der Gewalt,
zu der damals infolge
der staatlich erzwungenen
Konfessionalisierung
überzeugte Gläubige
fähig waren.
Und so begann alles:
Hatte die reformierte
Gemeinde Frankenbergs
anfangs in der
Kapelle des Klosters
St. Georgenberg und
ab 1662 in der Hospitalkirche
ihre Gottesdienste
gehalten, so erließ
Landgraf Karl ein
„Simultaneum“, das ihr
jetzt auch die Benutzung
der lutherischen
Pfarrkirche erlaubte. Für die Lutheraner ging
es nach jahrzehntelangen Spannungen nun
darum, „ein Albtraumszenario abzuwenden,
dass die Reformierten Einzug in ihrer Kirche
hielten und dort Gottesdienst feierten“, wie
Prof. Mayes berichtete.
Als am Sonntag, 4. Januar 1705, die reformierten
Bürger Theophilus Mentzler und Werner
Munch erstmals zum Mittagsgottesdienst
Ein Jahr, nachdem der Bürger Jacob Dornseiff 1705 bei dem Frankenberger
Kirchhoftumult beteiligt gewesen war, wurde er auf diesem Kirchhof beigesetzt.
Ruth Piro-Klein, Prof. David Mayes, Pfarrer Christoph Holland-Letz und Karl-
Hermann Völker besichtigten den Schauplatz der Prügelei. Foto: Georg Braun
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