Geschichte werde Interesse an Demokratie und politischer Teilhabe geschaffen. Nach ihrer Meinung fehle der hessischen Geschichtslandschaft zudem eine zusammenfassende Klammer. Sie könne aber in einem so vorgeschlagenen Haus gefunden werden, dem die Aufgabe einer historischen Selbstvergewisserung zukomme. Die Zusammenführung von landesgeschichtlich bedeutenden Objekten über ein virtuelles Angebot lasse die Zusammengehörigkeit der Landschaft erkennen und bewahre vieles vor Verlust. Eine Präsentation über das Internet spreche besonders das jüngere Publikum an.
In der Diskussion gingen die Autoren auf Fragen und Einwände aus der Runde ein. Diese drehten sich etwa um die Frage nach der zeitlichen Eingrenzung für die Präsentation ab 1945 als Gründungsdatum für Groß-Hessen. Prof. Conze stellte klar, dass es sich dabei nur um einen Ausgangspunkt handeln könne, bei dem man auch frühere Entwicklungen und Bedingungen mit berücksichtigen müsse. Denkbar sei ein erweiterter Ansatz im frühen 20. Jahrhundert. Zudem wurde von verschiedener Seite darauf hingewiesen, es nicht bei einem Entweder – Oder in der Frage „real oder virtuell“ zu belassen, vielmehr wurde allgemein eine gegenseitige Ergänzung beider Vermittlungswege für sinnvoll gehalten. Andere Beispiele wie das Deutsche Historische Museum in Berlin hätten gezeigt, dass sich eine solche Institution sowohl als reales Museum mit festen Haus, als Diskussionsforum und mit wechselnden Ausstellungen bewähren könne. Kritisch wurde freilich angemerkt, ob die technischen und organisatorischen Bedingungen für alle Interessierten, d. h. die Erreichbarkeit und Verfügbarkeit leistungsstarker Internetverbindungen gegeben seien. Ein in jeder Hinsicht barrierefreier Zugang müsse gewährleistet sein, auch wenn das Internet heute immer gebräuchlicher in fast allen Generationen werde. Als problematisch wurde jedoch beurteilt, dass bei einer rein medialen Präsentation historisch relevanter Objekte deren authentischer Charakter verloren gehe, worunter ihre Aussagekraft leide. Eine Zusammenfassung von zahlreichen, verstreut erhaltenden Realien bringe auch möglicherweise den Vorteil ihrer besseren Konservierung. Und man habe bei Sonderausstellungen etwa die Erfahrung gemacht, dass weiterführende Informationsangebote per Bildschirm von den Besuchern wenig angenommen würden.
Die Frage der Lokalisierung eines Hauses der Geschichte Hessens wurde nicht besprochen. Im Raum stand die ältere Überlegung, es in der Landeshauptstadt Wiesbaden anzusiedeln. Hingegen könnten ein reales Haus und ähnlich wie in Bayern und Baden-Württemberg dezentral organisierte Ausstellungen dafür sorgen, dass das Haus, seine Sammlung und die Aktivitäten im Land als Einrichtung für das gesamte Bundesland und seine Bevölkerung wahrgenommen würden. Auf großes Interesse stieß eine Verbindung des Hauses mit der Einrichtung eines landesgeschichtlichen bzw. landeszeitgeschichtlichen Lehrstuhls. Grundsätzlich wurde eine enge Zusammenarbeit mit bestehenden Einrichtungen im Bereich der Landesgeschichte befürwortet, aus der dann Tagungen, Veranstaltungen und Forschungen hervorgehen könnten. Es wurde auf bedeutende Defizite in der zeitgeschichtlichen Forschung verwiesen, wie ja auch bei der Aufbewahrung von authentischem Material aus der Zeit nach 1945 in den Museen große Lücken bestünden. Es wurde die Frage gestellt, ob eine Verbindung von Museum und Universität dem abhelfen könne, oder ob nicht doch Forschungsvorhaben geeigneter seien, Wissens- und Erkenntnisdefizite für die Zeit nach 1945 zu beseitigen.
Jörg Westerburg, ZV Kassel
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