unerfahrenen Kriegsteilnehmers schrieb. Die Schilderung seines Studiums liefert wiederum Erkenntnisse für die Universitäts- und Bildungsgeschichte. Anhand der genauen Buchführung über die besuchten Lehrveranstaltungen lässt sich beispielsweise der Studienverlauf eines jungen hessischen Adligen rekonstruieren. Für die Medizingeschichte relevant sind die intensiven Beobachtungen zu seinen wiederkehrenden Krankheitserscheinungen und deren Behandlung. Für die politische Geschichte bzw. die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Landgrafschaft Hessen-Kassel ist die Tätigkeit des Verfassers als Kriegsrat und Obereinnehmer von Bedeutung. Seine Aufzeichnungen bieten u. a. Einblicke in die sonst kaum fassbaren personalen Netzwerke auf den Landtagen sowie in die Kontroversen, die nur durch offizielle Protokolle und Korrespondenzen dokumentiert sind. Die regelmäßigen Aufenthalte in Kassel ermöglichten Gilsa zudem eine rege Partizipation am kulturellen Leben der Residenz und am aufgeklärten Diskurs. Darüber hinaus werden viele Facetten des adligen Landlebens berührt, etwa die Pflege von adligen Netzwerken durch gegenseitige Besuche sowie die Multiplikatorenfunktion des Landadels für die urbane und höfische Hochkultur. Vor dem Leser entfaltet sich somit ein Leben zwischen Krieg, Beruf und Familie, Landadel, Freimaurerei und Literatur.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der besondere Niederschlag, den der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg im Tagebuch findet. Maßgeblich hängt dies mit den nun ebenfalls ediert vorliegenden Briefen an Georg Ernst von seinen im Amerikaeinsatz dienenden Freunden zusammen. Die insgesamt 129 aufgefundenen, an ihn gerichteten Privatbriefe aus den Jahren zwischen 1772 und 1784 wurden jeweils zur Hälfte in Deutschland und Amerika verfasst und stammen von 29 Autoren.
Bislang bildeten für die Forschungen zu den hessischen Subsidientruppen in Amerika neben dem umfangreich überlieferten Aktenmaterial vor allem Regimentsjournale und Tagebücher sowie die militärischen Korrespondenzen die

Holger Th. Gräf, Lena Haunert und Christoph Kampmann (Hrsg.): Krieg in Amerika und Aufklärung in Hessen. Die Privatbriefe (1772–1784) an Georg Ernst von und zu Gilsa (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 27), Marburg 2010, geb. mit Schutzumschlag, XXVII und 488 Seiten, 37.– Euro; ISBN 978-3-921254-82-0

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