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[Entwickelung] lung der altpreußischen Gutsbezirke und derjenigen in Kurhessen. In Hessen unterstanden dreiviertel der Landgemeinden der Landesherrschaft. Die Zersplitterung des Großgrundbesitzes war der Ausbildung geschlossener Rittergüter nicht günstig; selbst der Klosterbesitz war vielfach Streubesitz und trat nach der Reformation unmittelbar unter die Landesherrschaft. In der Zeit nach den Kreuzzügen hob sich der Bauer, wenigstens zeitweise, allerorten zu wohlhabender Freiheit empor. In ganz Niederhessen und z. T. in Oberhessen war der Landmann persönlich frei; wo die Leibeigenschaft fortbestand, hatte sie sehr milde Formen angenommen und wurde nur vom weiblichen Geschlechte fortgepflanzt. In den letzten beiden Jahrhunderten geht die Zahl der Leibeigenen in allen Orten gemischten Charakters erheblich zurück. In Hessen ist der Gerichtsherr keineswegs immer zugleich Gutsherr wie jenseits der Elbe. Es fehlt die wirtschaftliche Abhängigkeit, die zur Bildung des Gutsbezirks nach altpreußischem Muster unerläßlich ist. Das „Legen der Bauern“, d. h. die Einziehung von Bauerngütern durch die Gutsherren, das dem altpreußischen Bauerntum so verhängnisvoll war, war in diesem Umfange in Hessen unmöglich. Durch feste Erbfolge wurde dem Bauernstand sein Besitz erhalten. In seiner 1769 erschienenen „Leihe zu Landsiedelrecht“ betonte Lennep, welches Interesse der Staat daran haben müsse, die bäuerlichen Güter zu vermehren, statt sie verschwinden zu lassen, wonach dann auch verfahren wurde. Es lag also in Hessen die Gefahr weniger nahe, daß der Bauer durch den Adel aufgesogen wurde, als daß die hessische Ritterschaft sich allmählich ihrer Besitzungen entäußerte. Wir sehen eine Reihe scheidender Merkmale zwischen Rittergut und Dorfschaft. Der Adel war frei von Kontribution. Als aber 1655 sein persönlicher Kriegsdienst aufhörte, wiesen die Städte mit Recht auf die ungleiche Verteilung der öffentlichen Lasten hin. Die Besitzer der Rittergüter genossen die Akzise- und Lizentfreiheit. Die Rittergüter hatten ferner den sog. privilegierten Gerichtsstand. Die eigentliche Patrimonialgerichtsbarkeit inhärierte dem Ritter- [Rittergut]

 

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