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haben. Die Bayern kommen immer zu spät, bei Sal zungen sind sie von den Preußen geschlagen und letztere sind schon in Brückenau eingerückt. In der „Dorfzeitung“ stand vorgestern, am 4. Juli hätte Prinz Alexander hier bei Kassel den Preußen gegenüber gestanden. Das ist natürlich unwahr, wenn aber unsere nordischen Zeitungen wahrheitsgetreuere Berichte bringen, so herrscht in Frankfurt große Angst und Not, Wut über Österreichs Verrat und Furcht vor den Preußen. Viele der reichsten Frankfurter, mit ihnen die Fürstin von Hanau, sollen nach der Schweiz geflohen sin. Auch in Wien fürchtet man den Einmarsch der siegreichen Preußen, die heute bis Brünn vorrücken wollten. — Bei Singen sollen sich preußische und kurhessische Patrouillen begegnet sein, sie haben sich er kannt, die Gewehre bei Seite gestellt und gemein schaftlich ihr Abendbrot verzehrt. Auch nach der blutigen Schlacht bei Langensalza hat ein preußisches Infanterieregiment den verwundeten hannoverschen Offizieren Wein geschickt. Das sind doch echte Züge deutscher Brüderlichkeit, die Liebe im Streit.“

Die Stadt ist wieder stark mit Einquartierung be legt, aber, wie die Verfasserin schreibt, „es scheint alles ganz friedlich und still herzugehen.“ Große Mengen Verbandzeug etc. sind gesammelt, Diakonissen und barmherzige Schwestern eingetroffen.

„Sonntag, den 15. Juli. Am Donnerstag sind viele Preußen fort und diese Nacht sollen wieder viele durchgekommen sein und sich nach Bayern ziehen. Bei Kissingen ist ein Treffen gewesen, die Preußen sagen, sie hätten gesiegt, die Bayern behaupten das selbe. In den südlichen Orten flüchtet alles vor den Preußen, es scheint den Leuten sehr Angst vor ihnen gemacht zu werden. — Die Cholera breitet sich immer mehr aus; der Kurfürst soll nach Königsberg über gesiedelt sein 1 ). Man sagt, er scheine selbst nicht zu wünschen, daß die Fürstin von Hanau zu ihm kommt. Sie soll einen Teil ihrer Dienerschaft in Frankfurt

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l ) Er hatte ein derartiges Anerbieten König Wilhelms ab gelehnt.

 

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