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und Reformirten entstand, und in Hessen-Cassel, wo man trotz der Hinneigung zu den Reformirten an der unveränderten Augsburgischen Confession festgehalten, unter der Regierung des Landgrafen Moritz des Gelehrten durch die Einführung der von ihm erlassenen Verbesserungs-Punkte und die Beschickung der Dordrechter Synode die Gemüther in heillose Verwirrung gebracht wurden, und nicht nur unnützes und schädliches Kanzel-Gezanke, sondern sogar in Oberhessen, besonders Marburg, offener Aufruhr entstand, wozu später der Streit mit Darmstadt und die Stürme des 30jährigen Krieges hinzutraten.

In dieser Zeit schwerer Bedrängniss und argen Verfalls wurde unserer Kirche und unserem Volke in der Person von Theophilus Neuberger ein Geistlicher bescheert, welcher, durchdrungen von der Würde seines Pfarramts, mit heiligem Eifer seinen Obliegenheiten nachkam und mit allen Mitteln und Kräften, glücklicher Weise auch unterstützt durch einen grossen Theil seiner Amtsgenossen, der Entsittlichung des Volkes entgegenarbeitete und die Unterweisung der Jugend förderte.

Dieser Mann war einem baierischen Adelsgeschlechte v. Neuberg entsprossen: sein Urgrossvater herzoglich baierischer Hofbeamter, sein Grossvater Christoph nach der Reformation evangelischer Geistlicher, sein Vater Martin kurpfälzischer Hofprediger. Theophilus Neuberger wurde am 5. Mai 1593 zu Jena geboren, bezog mit 17 Jahren die Universität Heidelberg, um die Gottesgelahrtheit zu studiren und wurde durch den Einfluss der dortigen Professoren der calvinistischen Lehre zugeführt und durch den frühen Tod seines Vaters genöthigt, sich nach einem Amte umzusehen. Er wurde schon 1614 Prediger zu Neuenburg bei Heidelberg, woselbst er sich mit Magdalene, Tochter des kurpfälzischen Oberschultheissen Stolz zu Heppenheim verheirathete, mit der er in 42jähriger glücklicher Ehe lebte, dann Hofprediger zu Kaiserslautern, danach zu Heidelberg (1620), musste im 30jährigen Kriege nach Würtemberg, später nach Berlin flüchten, lernte dort den Herzog Johann Albrecht v. Mecklenburg kennen, wurde von diesem seiner Gemahlin Elisabeth, Tochter des Landgrafen Moritz, vorgestellt und durch deren Vermittlung (1623) Hofprediger zu Güstrow. Bei Anfall der Herzogthümer Mecklenburg an Wallenstein abermals flüchtig, folgte Neuberger dem Rufe des Landgrafen Wilhelm V. als Hofprediger zu Kassel (1628). Sein Einfluss in der niederhessischen Kirche war anfangs gering, wuchs aber allmählich, da der Landesherr gern Fragen grundsätzlicher Bedeutung dem geistlichen Ministerium, d. h. den hiesigen Geistlichen, vorlegte. Obwohl Anhänger Calvins, wollte er doch die Entfernung der hessischen Kirche von der unveränderten Augsburgischen Confession, deren 100jährige Feier 1630 festlich begangen wurde, nicht zugeben. Mit dem schlagfertigen Joh. Crocius von Marburg — Beide waren hessische Abgeordnete — traf er auf dem Protestantentage zu Leipzig (1631) zusammen, und als Crocius später nach Kassel kam, blieben Streitigkeiten zwischen beiden Männern nicht aus. Als Superin- [Superintendent]

 

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