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wurden, eröffnet. Den Hauptgegenstand der Sitzung bildete der auf umfassender Quellenforschung beruhende Vortrag des Herrn Oberlehrers Dr. Wintzer über die Gestaltung des Marburger Stadtregiments im Mittelalter.

Der Vortragende führte zunächst als Veranlassung zur Wahl seines Themas seine Bearbeitung eines Marburger Bürgerbuchs an, die er zum Theil fertig habe. Sein Vortrag ist ein nothwendiger Excurs dazu.

Die Quellen seiner Arbeit sind Urkunden, Stadtrechnungen und verschiedene Acten des Marburger Stadtarchivs, sowie die Deutsch-Ordens-Urkunden. Er hat weiter gebaut auf früheren Arbeiten über seinen Gegenstand von W. Kölde, W. Bücking und Fr. Küch. Er führte in seinem Vortrage aus:

1194 war Marburg wahrscheinlich schon eine Stadt. Ueber ihre Entstehung und die früheste Entwickelung ihrer öffentlichen Einrichtungen lassen sich aus Mangel an Nachrichten nur Vermuthungen aufstellen. Die Deutsch-Ordens-Urkunden von 1283 an, bringen zuerst einige Notizen über Marburger Personen und ihre amtlichen Verhältnisse, die, einige Schlüsse auf die Regierung der Stadt zulassen, über Bürger, Burgmannen, Schultheissen, Schöffen, Bürgermeister u. a. Daraus ergiebt sich Folgendes :

Das erste Regiment der Stadt bestand aus dem fürstlichen Stadtbeamten, dem Schultheissen und den 12 aus den vermögendsten Bürgern genommenen Schöffen. Dieses selbe Kollegium bildet zugleich den Gerichtshof der Stadt für die dreijährlichen ungebotenen und für die gebotenen Dinge. Dieser Gerichtshof wurde auch oft durch Hinzutritt von Burgmannen, landgräflichen Räthen und Beamten bisweilen des Landgrafen selbst, mit über Marburg hinausgehenden Befugnissen ausgestattet. Auch diente das Marburger Gericht als Oberhof für die umliegenden kleineren Städte. Verwaltung und Rechtsprechung lagen zuerst noch in denselben Händen.

Im Jahre 1284 wird zuerst ein Bürgermeister genannt. Ludwig von Fronhausen, der immer einer der Schöffen ist und an Stelle des Schultheissen von nun an die Verwaltung der Stadt an der Spitze der übrigen Schöffen leitet. Damit hat das Stadtregiment völlige Selbstverwaltung erlangt. Die Stadt hat nun in ihren innersten Angelegenheiten auch ohne den Schultheissen eine gewisse Jurisdiktion und Strafbefugnisse. Der Schultheiss hat seitdem nur das Schöffengericht zu leiten und hat nur gelegentlich im Auftrage des Fürsten mit der Stadtgemeinde zu verhandeln.

Was der Frankenberger Emerich zur Reformationszeit über die dortigen Bürgermeister und Schöffen berichtet, wird auch im allgemeinen für die Marburger gelten können. Darnach war die Wahl der Schöffen, die von ihnen selbst ausgeübt wurde, eine geheime. Nach dem Stadtrechte von 1460 traf aber der Bürgermeister vorher Abrede darüber mit den Landgrafen und holte auch nachher die Bestätigung ein.

 

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