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Gotteshaus aufbaute. So liegen also auch hier die Verehrungsstätten der beiden obersten Götter dicht bei einander24). Wie aber bei den Wochentagen denen Wodans und Donars, nämlich dem Mittwoch (engl. Wednesday) und Donnerstag noch der Dienstag, als der dem dritten obersten, dem Schwertgott Ziu geweihte Tag (alem. Zistig) voraufgeht; und wie die Verehrungsstätten der drei Götter auch sonst des öfteren auf der Reihe weg liegen, so möchte auch hier, in nördlicher Richtung von Gudensberg, das alte Heiligtum Zius zu suchen sein. Ich vermute es bei dem Platze am Odenberg, wo später die sog. Karlskirche erbaut wurde. Denn wenn Gott Ziu auch unter dem Namen Irmin erscheint; wenn das Sternbild des grossen Bären, Irmins-wagen genannt, von den Engländern als Karlswagen (Charles’s wain) bezeichnet wird, so dürfte Karl, der Mann oder Held, nur ein anderer Name des streitbaren Schwertgottes gewesen sein; in der Karlskirche hätten wir also ursprünglich des dritten Gottes Heiligtum zu erblicken; eine Annahme, die durch die Mitteilung des Chronisten Lauze, dass das Volk allerlei heidnischen Aberglauben dabei getrieben, unterstützt wird. Auch war die Karlskirche Gerichtsstätte. Die Angabe des Chronisten Wigand Gerstenberg, dass Karl der Grosse jene Kirche erbaut habe, dürfen wir um so eher abweisen, als Kirchen wohl nie nach ihren Erbauern genannt worden sind25).

Die Ebene, aus der der Wodansberg sich erhebt, überschaute einst auch gleich dem unsrigen der Blick des römischen Feldherrn Drusus Germanicus; aber er sah die Gegend mit andern Augen an als wir, da er sengend und brennend von der Altenburg her in die chattischen Gefilde einbrach. Da rafften die Volksgenossen eilig ihre beste Habe zusammen und flüchteten, das Vieh vor sich hertreibend, zunächst wohl in den schützenden Ringwall, den sie in nächster Nähe des Hauptorts Mattium und an den Abhängen des Wodansberges für die erste feindliche berraschung [Ueberraschung] angelegt hatten, in das sog. Bürgel oder die kleine Burg, wie schon der Name sagt, davon die Umwallung noch jetzt deutlich zu sehen ist. Aber hier war schwerlich ihres Bleibens lange dem kriegsstarken Römerheer gegenüber, und so ging der Rückzug wohl weiter in die uralten Verschanzungen auf dem Odenberge und dem Bilstein bei Besse, und sie mochten dort in sicherer Höhe zuschauen, wie die Dörfer im Thal ein Raub der Flammen wurden.

Diesen Tag haben die Chatten dem Römerfeind blutig genug heimgezahlt, als sie gemeinsam mit den beiden andern Hauptgliedern des Frankenvolkes, den salischen und den Rheinfranken, im 4. und 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung in Gallien eindrangen, um sich dauernd auf römischem Boden niederzulassen. Ob aber gerade aus unserer nächsten Nähe viele sich dem allgemeinen Wanderzuge angeschlossen haben, darf um deswillen bezweifelt werden, weil wir den Ortsnamen aus der Gudensberger Gegend gerade nicht in den eroberten Gebieten am Rhein und an der Mosel wieder begegnen, indes aus den andern Teilen des Hessenlandes die Dorf- und Berg- und Waldbezeichnungen, von den neuen Ansiedlern aus der

 

 

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