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freiem Himmel stattfand. Seine Stätte ist in dem Ausschreiben genau bezeichnet, es ist die sog. Mader Haide, bis in die neuere Zeit eine weite Rasenfläche, die den Ortschaften Maden, Deute und Gudensberg gemeinschaftlich zugehörte. Ihre höchste Erhebung heisst der Schanzenkopf, und wenn man in Maden fragt, wo die alte Gerichtsstätte gewesen sei, so wird man hierher (zum sog. Vehmgericht, wie die Leute sagen,) verwiesen. Zwar ist von wallartigen Erhebungen keine Spur mehr vorhanden. Aber das auf umwalltem Hügel tagende Volksgericht ist aus altgermanischer Zeit bekannt15). Im Friedebezirk der heiligen Gerichtsstätte liessen unsere Ahnen in heidnischer Zeit ebenso gern ihre Gebeine beisetzen, wie später in dem der christlichen Gotteshäuser, daher wir von Hügelgräbern hören, die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts Landgraf Karl auf der Mader Haide öffnen liess16). So weist alles darauf hin, hier die Malstätte zu suchen und nicht an anderer Stelle wie z. B. im Thal neben dem Dorfe, wo ein in neuerer Zeit und leider unter der Aegide des hessischen Geschichtsvereins (wie es scheint unausrottbar) mit dem Namen des Malsteins belegter Stein im geackerten und seit unvordenklichen Zeiten im Privatbesitz befindlichen Felde steht17).

Gericht und Gottesverehrung waren in germanischheidnischer Zeit aufs engste miteinander verbunden18). Darum müssen wir in unmittelbarer Nähe der Hauptmalstatt auch das Hauptheiligtum unseres Hessenvolkes suchen: der Wodansberg, der Berg, der der Stadt Gudensberg den Namen gab, ist der heilige Berg des obersten Gottes unserer fränkischen Vorfahren, Wodans, den der Sage nach noch alle sieben Jahre sein weisses Ross aus dem Odenberge und wieder hinein trägt. Aber mit dem Odenberge hat sein Name nichts zu thun.19) Gudensberg heisst noch bis ins 13. Jahrhundert Wodensberg,20) und die Sage hat den Gott nur von dem Gipfel dieses in den benachbarten Berg hineinversetzt, ein Vorgang, den wir ganz ähnlich beim sagenberühmteren Kyffhäuser wiederfinden, in dessen Nähe ebenfalls ein Wodansberg noch im 13. Jahrhundert erscheint21). Auf luftiger Höhe dachte man sich also den Gott sitzend. Sein Cultus war einfach und ohne grosse Priesterschaft, da gewöhnlich der Gaufürst und Gerichtsvorstand selbst die heiligen Handlungen vollzog. Wenn wir die l¼ Hufen Heiligenland, die noch im vorigen Jahrhundert in der Mader Gemarkung zur Competenz der dortigen Schulstelle gehörten22), als alten, aus heidnischer Zeit herrührenden Tempelbesitz, um mich so auszudrücken, ansprechen dürfen, wie zahlreiche Analogien dies erlauben, so mögen wir darin die Ausstattung eines untergeordneten Dieners bei den Opferhandlungen erblicken, in die später der Küster und Lehrer folgerichtig eintrat. Der sog. Centhof in Maden dagegen mit dem stattlichen Areal von 6 Hufen dürfte eher schon dem Richter oder Centgrafen daselbst als Amtsausstattung angemessen gewesen sein23).

Schauen wir nun vom Wodansberge hinüber nach Süden, so erinnert uns der Dom zu Fritzlar an die dem Gotte Donar geweihte Eiche, an deren Stelle Winfried Bonifatius das christliche

 

 

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