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[Allgemeinen] gemeinen auf die heutigen Kreise Marburg und Biedenkopf, sonst hatte es nur einige Besitzungen bei Grünberg. In Caldern und Brungershausen führte das Kloster eigene Gutswirthschaft, Schäferei und Weberei. Von hier wurden die täglichen Bedürfnisse des Klosters bestritten, ein Hofmann stand derselben vor. Die übrigen Güter waren meist Zinsgüter, welche auf Erbpacht, im XV. Jahrhundert aber lieber zu Landsiedelleihrecht ausgethan waren. — Endlich steht das Kloster Caldern in Beziehung zur Universität Marburg, der dasselbe vom Landgrafen Philipp am 4. October 1540 überwiesen wurde und in den Theilungsvertrag vom 14./24. December 1627 nebst den Klostervogteien Grünberg, Giessen, Alsfeld und der Kugelhaus- und Predigerklostervogtei zu Marburg verblieb, während die niederhessischen Vogteien der Hohen Landesschule zu Kassel zufielen. Als in Folge des Recesses vom 14. April 1648 durch den Vertrag vom 19. Februar 1650 die Universität Giessen wiederhergestellt wurde, wurde die Theilung von 1627 erneuert und Caldern sowie die beiden Marburger Vogteien und die Darmstädtischen kamen zu Giessen, auf welches auch das Patronat über Caldern überging und von 1650—1767 besessen und ausgeübt wurde. Hessen-Kassel hatte sich aber 1650 die Einlösung der drei diesseitigen Vogteien vorbehalten und liess 1746 die Ablösung ankündigen, welche nach langen Verhandlungen am 11. Juni 1767 gegen Zahlung von 80,000 fl. an Hessen-Darmstadt erfolgte, und kam so auch das Patronat wieder an Marburg. Die Naturalgefälle wurden seit 1848 abgelöst und der eine Klosterhof zu Caldern allodificirt, die Gebäude vielfach verunstaltet; der in diesem Jahre ausgebrannte Conventsbau war schon vor 45 Jahren einmal ausgebrannt. Die beiden Waldungen Homberg und Hauwald bei Brungershausen, wo das Kloster seinen Besitz am meisten arrondirt und alle dortigen ritterschaftlichen Familien ausgekauft hatte, gehören nicht mehr der Universität, deren Waldungen diesseits der Lahn zwischen Caldern, Dilschhausen und Michelbach gelegen sind.

Nach Beendigung des Vertrages legte Herr Universitätszeichenlehrer Schürmann einen Grundriss der jetzigen Calderner Kirche vor und erläuterte ihn; Herr Pfarrer Kümmel aus Caldern gab manche dankenswerte Nachricht über die Schicksale der Klostergebäude in neuerer und neuester Zeit. — Nach Abschluss der dem Vortrage folgenden mündlichen Erörterungen berichtete der Vorsitzende über die vom hiesigen Zweigvereine bei Gelegenheit der Druckausstellung veranlassten grösseren wissenschaftlichen Publikationen, von denen zwei nunmehr im Buchhandel erschienen sind. Es sind dies das in deutscher, französischer und englischer Ausgabe in Leipzig bei Hiersemann herausgekommene Werk des Dr. L. Bickell über die Bucheinbände und die Bibliographie der ältesten Marburger

 

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