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Die Streitpunkte wurden offenbar sehr gründlich untersucht, denn erst am 12. November 1770 erging ein landesherrliches Rescript, wodurch der vielerwähnte § 8 zu Vermeidung aller Collisionen dahin erläutert und eingeschränkt wurde, dass die Pol.-Commission künftig in den ihr heimgewiesenen Fällen bei Distinguirten und der Stadtrathsjurisdiktion nicht unterworfenen Personen überhaupt keine Cognition oder Bestrafung sich anmassen, sondern nur den öffentlichen Ruhestand herstellen solle.

Der Polizei-Commission aber wurde bemerkt, dass dem stud. du Fais nichts zur Last falle, dass der Commissar nicht befugt gewesen sich seiner zu bemächtigen und die Commission zur Untersuchung und Bestrafung nicht berechtigt gewesen sei und ihr das gerechteste Missfallen über die verweigerte Anordnung eines judicium und dagegen verfügte einseitige Untersuchung des einberichteten Vorganges zu erkennen gegeben. Den betheiligten Beamten wurde die Ueberschreitung ihrer Dienstbefugnisse und ihre Vergehungen nachdrücklichst verwiesen; die gegen den Polizeidiener Nanz ausgesprochene Gefängnissstrafe wurde ihm freilich erlassen.

Der Senat hatte also gesiegt! Ueber die Form des Verkehrs zwischen Senat und Polizei-Commission war allerdings ein Bescheid nicht ergangen.

Im Jahre 1778 beantragte die Polizei-Commission bei der Regierung wegen einer neulichen Ausschweifung der Studenten mit Musik bei Nachtzeit eine Verordnung, dass sie eine vorhabende Feier bei der Polizei anzeigen und um 10 Uhr sich zur Ruhe begeben sollen. Der Senat äusserte sich darüber dem Consistorium gegenüber, es sei von jeher Sitte gewesen, bei besonderen Gelegenheiten namentlich nach gehaltener Inaugurationsrede eines neubestellten Professors diesem und den sonstigen Gönnern eine Musik zu bringen und sich auf erlaubte Art zu belustigen. So sei es auch neulich bei der Antrittsrede des Professors Arnoldi gehalten. Gleichwohl habe die Polizei-Commission auf irgend eine Denunciation sich statt bei dem Rektor bei Arnoldi beschwert.

Vor 10 Uhr könne man keine Nachtmusiken bringen, im Sommer sei es noch nicht Nacht und namentlich bei der Unbändigkeit der hiesigen Strassenjugend noch nicht still genug, im Winter gehe es nicht an, weil gemeiniglich den Studenten eine kleine Collation gegeben werde, die selten vor 10 Uhr geendigt sei. Lärm entstehe nicht durch die zur Sittsamkeit theils gewöhnte, theils angehaltene Studentenschaft, sondern durch die Strassenjungen wie z. B. wenn der Zapfenstreich mit türkischer Musik begleitet werde. Auch von Soldaten und Handwerksburschen würden oft nach 10 Uhr noch Nachtmusiken gebracht, wie noch vor Kurzem geschehen, ohne dass eingeschritten sei.

Durch eine derartige Massregel würden die Studenten schlechter gestellt werden als die Handwerksburschen und veranlasst werden, fremde Akademien zu beziehen, wo sie mehr Freiheiten hätten. Studenten hätten gewisser schon, von Kaiser Friedrich I. im Jahre 1158 durch die Authentica Habita quidem anerkannter Privilegien, des besonderen Schutzes des Kaisers und des Landesherrn sich zu erfreuen, müssten auch eine gewisse, wenn auch nicht schrankenlose Freiheit haben und diese werde ihnen nirgends verweigert,

 

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