Nachlese
zum Tag der hessischen Landesgeschichte
am 15. und 16. September 2001 in Schmalkalden |
 |
Schmalkaldener Zeitung, Sonnabend, 15. September
2001 |
Hessische
Vergangenheit in der Gegenwart |
Tag
der hessischen Landesgeschichte beginnt heute in Schmalkalden
/
Hunderte Gäste werden erwartet |
Von Susann
Schönewald |
Schmalkalden.
Nach einer Unterbrechung von 72 Jahren feiert der Verein für
Hessische Geschichte und Landeskunde seine Jahreshauptversammlung
wieder in Schmalkalden. Heute und morgen werden in der Fachwerkstadt
einige hundert Gäste erwartet.
"In seiner Zeitschrift, die 68 stattliche Bände
umfasst und den Mitteilungen, die seine Mitglieder durch Vorträge,
mit den Jahres- und Mitgliederversammlungen, durch Anlegung
eines Museums, dessen wertvolle Sammlungen in dem Landesmuseum
in Kassel und in den kulturhistorischen Sammlungen der Universität
Würzburg untergebracht sind, hat der Verein für Erforschung
der Geschichte und Kultur des Hessenlandes ungemein Großes
geleistet und dadurch dem Heimatgefühl und der Heimatliebe
starke Impulse gegeben. Auch aus der Geschichte und Volkskunde
unserer engsten Heimat, der Herrschaft Schmalkalden weisen die
Veröffentlichungen des Hessischen Geschichtsvereins eine
Anzahl außerordentlich wertvoller Arbeiten auf ..."
Dem "Hessischen Geschichtsverein zum Gruß" titelte
der "Thüringer Hausfreund" am 14. Juni 1929 anlässlich
der dritten Tagung in Schmalkalden. Damals wie heute trafen
und treffen sich in der Stadt Geschichtsinteressierte zum Meinungs-
und Erfahrungsaustausch - und um Land und Leute kennen zu lernen.
Während im Jahre 1929 Vorträge wie die "Bau-
und Kunstdenkmäler der Herrschaft Schmalkalden und Umgebung",
gehalten von Oberregierungsrat Spannagel aus Merseburg oder
"Schmalkalden am Endes des 16.
Jahrhunderts",
dargeboten von Archivdirektor Dr.-Ing. Knetsch aus Marburg,
im Mittelpunkt standen, wird 72 Jahre später Prof. Norbert
Krah von der Fachhochschule Schmalkalden zum Thema "Grundzüge
der Entwicklung des Eisenwälzwerks und der Eisenindustrie
in Schmalkalden" sprechen.
Damals
wie heute sind im Vorfeld der Tagung bedeutende Publikationen
erschienen: 1929 eine Dissertation von Dr. Knetsch, "Die
Erwerbung der Herrschaft Schmalkalden durch Hessen", 2001
"Die Geschichte der amtlichen Kartographie der Herrschaft
Schmalkalden" von Dr. Hans-Jürgen Kahlfuß (vgl.
auch Interview) und die "Schmalkalder Geschichtsblätter
des hiesigen Zweigvereins".Beim Rückblick darf auch
nicht unerwähnt bleiben, dass anlässlich der Tagung
1929 das Schmalkaldener Heimatmuseum im Schloss Wilhelmsburg
eröffnet wurde. In einem Beitrag im "Thüringer
Hausfreund" vom 14. Juni 1929 beschreibt Hans Lohse die
Aufgaben des Museums, das "dem Menschen von heute seine
Heimat näher bringen" soll. Bereits damals hat Hans
Lohse die Schwierigkeiten erkannt, die Jahrzehnte später
auch der inzwischen ausgeschiedene Museumsdirektor Dr. Dieter
Eckardt zu spüren bekam: "Es ist gut, das Alte treu
zu ehren, aber will es das Heute beschweren, verdirb ihm die
Luft nimm ihm das Licht zerschlag es frisch und fürcht'
dich nicht." Heute Abend wird im Tafelgemach des Schlosses
ebenfalls eine bedeutsame Ausstellung eröffnet.
2600 Mitglieder vereint der Verein für Hessische Geschichte
und Landeskunde heute; zusammengeschlossen
sind sie in 18 Zweigvereinen. Schmalkalden war und ist eine
geschichtsträchtige Stadt mit geschichtsinteressierten
Bürgerinnen und Bürgern, hebt Dr. Hans Jürgen
Kahlfuß, seit 1985 Vorsitzender des Gesamtvereins, hervor.
Diese seien zu allen öffentlichen Veranstaltungen herzlich
eingeladen. So am heutigen Sonnabend, 18 Uhr, im Schloss mit
einem anschließenden Erfahrungsaustausch im Ratskeller.
Vorher findet 17 Uhr in der Schlosskirche ein Friedensgebet
statt.
Am Sonntag können sich Interessierte ab 10 Uhr an den Informationsständen
der Zweigvereine über deren Arbeit informieren. 11 Uhr
beginnt die öffentliche Festversammlung mit dem Festvortrag.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wird auch der Wissenschaftspreis
für Hessische Geschichte und Landeskunde 2001 verliehen.
14 Uhr beginnen Führungen durch die Stadt, die auch von
Vertretern des Vereins für Schmalkaldische Geschichte und
Landeskunde angeboten werden, freut sich Wolfgang Bamberger,
Vorsitzender des Schmalkalder Zweigvereins.
Die Herrschaft Schmalkalden kam 1360 käuflich zur Hälfte,
durch Erbschaftsvertrag mit dem Henneberger Landgrafen 1583
vollständig zu Hessen. Bis 1944 wurde dieses Gebiet von
Hessen-Kassel aus regiert. Bereits in den Jahren 1878, 1899,
1912 und 1929 fand in der Fachwerkstadt die Jahrestagung des
Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde statt. |
|
 |
 |
 |
Schmalkaldener Zeitung, Montag, 17. September
2001 |
Ausgangspunkt
neuer Heimat-Forschung |
Tag
der hessischen Landesgeschichte: Kartografische Ausstellung
eröffnet / Großer Zuspruch |
Von Susann
Schönewald |
Schmalkalden.
Die nach wie vor unfassbaren Terroranschläge in New York
und Washingston überschatteten auch den "Tag der hessischen
Landesgeschichte", der gestern in Schmalkalden zu Ende
ging.
Über 100 Einheimische und Gäste fanden sich am Sonnabendabend
in der Schlosskirche zum Friedensgebet ein. Der Situation angepasst
bestimmten nachdenkliche Worte und Fürbitten den Gottesdienst,
den Dekan Michael Bedbur gemeinsam mit Pfarrer Martin von Frommannshausen
und Mittelstiller Konfirmanden gestaltete. Bitten an die Vernunft
der politisch Verantwortlichen, vor allem in den USA, sowie
stilles Gedenken an die Opfer und der Angehörigen standen
im Vordergrund des einstündigen Friedensgebetes.
So fiel denn der Übergang zur ersten öffentlichen
Veranstaltung des Tages der hessischen Landesgeschichte; der
Eröffnung der kartografischen Ausstellung sowie von Luther-Münzen
und Schmalkalder Notgeld, sichtlich schwer, wie nicht nur dem
Vorsitzenden des Schmalkalder Zweigvereins, Manfred Bamberger,
anzumerken war. Es gab Stimmen, die sich gegen die Veranstaltungen
aussprachen, sagte Bamberger im überfüllten Tafelgemach.
Doch letztlich hätten sich die Organisatoren entschlossen,
dem Terror und Hass zu trotzen und ein Zeichen zu setzen.
Besonders freute sich der .Schmalkalder, dass aus allen 18 Zweigvereinen
des Hessischen Geschichtsvereins Repräsentanten gekommen
waren. Aber auch unzählige Einheimische, darunter Bürgermeister
Bernd Gellert, CDU-Landtagsabgeordneter Prof. Jens Goebel, die
Vorstandsvorsitzende der Rhön-Rennsteig-Sparkasse, Marina
Heller, Vermessungsdirektor Franz Josef Gros sowie Vertreter
des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens waren unter
den Gästen.
In seiner Ansprache umriss der Vorsitzende des Gesamtvereins
sowie Autor der "Geschichte der amtlichen Kartografie der
Herrschaft Schmalkalden", Dr. Hans Jürgen Kahlfuß,
die Entstehungsgeschichte seines Werkes und der Ausstellung.
Besonders hob er die Unterstützung des hiesigen Stadt und
Kreisarchivs sowie des Thüringer Landesvermessungsamtes
hervor. Immerhin ist das Buch von Dr. Kahlfuß als Parallelveröffentlichung
zu den Hessischen Forschungen, Band 38, als erster Band der
Schriften des Landesvermessungsamtes herausgegeben worden. In
etwa sechs Wochen soll es im dortigen Verlag erscheinen.
Bürgermeister Bernd Gellen würdigte Buch und Ausstellung
als einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung
der hiesigen Regionalgeschichte. Das große öffentliche
Interesse an der Präsentation zeuge von der hervorragenden
Arbeit, die der Hessische Geschichtsverein auch in Schmalkalden
leiste. Zahlreiche Fachgespräche bestimmten denn auch den
Sonnabendabend im Schloss. Die Besucher konnten sich nicht nur
von der großartigen Leistung damaliger Landvermesser und
Ingenieure überzeugen, sondern auch über die Entwicklung
der amtlichen Kartografie seit dem 15. Jahrhundert bis in die
Gegenwart.
So wird beispielsweise auf einer Tafel das Aufkommen regionaler
kartografischer Arbeiten in Deutschland von 1400 bis zirka 1580
beschrieben. Auf einer weiteren Tafel wird die Karte von Joist
Moers über die Herrschaft Schmalkalden 1589 im Maßstab
1:46.000 näher erläutert. Des Weiteren wird der Versuch
einer Gesamt-Landesaufnahme von Hessen-Kassel durch Johann Georg
Schleenstein zwischen 1698 und 1714 dargestellt. Natürlich
fehlt auch nicht die 1785 durch Friedrich Wilhelm Carl Gustav
Schmettau, im Maßstab 1:25.000, miltärtopografische
Karte. Die Überschriften der Ausstellung geben dem Betrachter
einen ersten Eindruck von der Materie. Die Abbildungen mit den
Unterschriften vertiefen den ersten Eindruck, beschrieb Dr.
Kahlfuß sein Konzept. Diejenigen, die sich in den Gegenstand
vertiefen wollen, sind angehalten, die Begleittexte zu lesen.
Die Ausstellung wird zunächst eine Woche zu sehen sein.
Über eine Verlängerung werde das Museum entscheiden,
hieß es. Wünschenswert wäre es, um einem größeren
Publikum die Gelegenheit zu geben, diese einmalige Arbeit in
Augenschein zu nehmen. |
|
 |
 |
 |
Schmalkaldener Zeitung, Dienstag, 18. September
2001 |
Geschichtliche
Wurzeln über Ländergrenzen |
Verein
für Hessische Geschichte und Landeskunde verlieh in Schmalkalden
den Wissenschaftspreis |
|
Schmalkalden
(mdr). Die Fahne der Bundesrepublik, die Landesfahnen von Hessen
und Thüringen sowie die Fahne der Stadt Schmalkalden trugen
Trauerflor zur öffentlichen Festveranstaltung des Tages
der hessischen Landesgeschichte am Sonntag, 16. September, in
der Mehrzweckhalle.
Mit einer Schweigeminute gedachten die rund 240 Teilnehmer der
Opfer der Terroranschläge in den USA. "Wir müssen
nach unserem Glauben, den Grundsätzen unserer Kultur und
nach unseren Vorstellungen eines demokratischen Gemeinwesens
handeln", begründete der Vorsitzende des Hauptvereins,
Hans Jürgen Kahlfuß den Entschluss, den Landesgeschichtstag
wie geplant durchzuführen obwohl es einige Bedenken gegeben
habe. "Der Blick in die Geschichte wird uns helfen, die
Herausforderungen der Gegenwart zu bestehen", war sich
Dr. Kahlfuß sicher. Wenn auch das Thema des Festvortrages
über die Eisenindustrie "nur" einen regionalen
Bezug hatte, umspannte es doch einen Zeitraum von rund 1200
Jahren. Professor Dr. Norbert Krah gab aus der Sicht des "historisch
interessierten Ingenieurs" genaueste Einblicke in die Entwicklung
der Eisen- und Werkzeugindustrie. Schade nur, dass fast die
Hälfte des Vortrages dem engen Zeitplan zum Opfer fiel.
Neben den Verbindungen der ExkIave Schmalkalden zum einstigen
hessischen Mutterland zeigt Professor Krah auf, welche Früchte
die Traditionslinie von Facharbeitern, Ingenieuren und Unternehmen
bis heute getragen hat. Eine kleine Ausstellung illustrierte
den Festvortrag. Sie kam mit Unterstützung von Firmen aus
Schmalkalden und Umgebung zustande. Fruchtbar erwies sich ebenso
die langjährige Zusammenarbeit mit dem Thüringerwald-Verein
Asbacher Berge und Umgebung und dem hessischen Geschichtsverein.
Wenn der Zweigverein Schmalkalden weiterhin seine Geschichtsblätter
herausbringen kann, dürfte die Veröffentlichung des
ganzen Vortrags von Professor Dr. Krah kein Problem sein. Die
Zeichen stehen gut, denn als Gabe aus dem Thüringer Ministerium
für Wissenschaft und Kunst überbrachte Oberregierungsrat
Schilling neben den Grüßen von Ministerin Dagmar
Schipanski einen Bewilligungsbescheid über 3000 Mark für
den Druck des eben erschienen Doppelheftes der Schmalkalder
Geschichtsblätter. Gleichzeitig teilte der Regierungsbeamte
mit, dass man sich zukünftig auch einen gemeinsamen hessisch-thüringischen
Landesgeschichtsverein vorstellen könne. Darüber freute
sich vor allem der Hauptvereinsvorsitzende Dr. Hans-Jürgen
Kahlfuß, läge doch aus Hessen bereits ein solcher
Vorschlag vor. Aus dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft
und Kunst reiste Ministerialdirigent Dr. Schacht mit Grüßen
von Ministerin Ruth Wagner und dem Wissenschaftspreis des Vereins
für hessische Geschichte und Landeskunde an. Der mit 10000
Mark dotierte Preis ging an Dr. Thomas Fuchs, Assistent am Forschungszentrum
für Europäische Aufklärung in Potsdam für
seine Arbeit "Traditionsstiftung und Identitätsgeschichte.
- Erinnerungspolitik und Geschichtsschreibung in der Landgrafschaft
Hessen-Kassel in der frühen Neuzeit". Der Preisträger
erklärte sich bereit, seine Forschungen zum Beispiel im
Zweigverein Schmalkalden vorzustellen und machte neugierig mit
der Entdeckung eines Aliasnamens für Schmalkalden in den
Korrespondenzen von Kaiser Karl V.. Die silberne Ehrennadel
des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde bekamen
anlässlich des Landesgeschichtstages in Schmalkalden der
Vorsitzende des Zweigvereins Schmalkalden, Wolfgang Bamberger
sowie sein Stellvertreter Wolfgang Herdmann. Für 40 aktive
Vereinsjahre zeichnete der Hauptvereinsvorsitzende den stellvertretenden
Schatzmeister des Hauptvereins, Bodo Fäcke aus Homberg-Efze
mit der goldenen Ehrennadel aus. |
|
 |
 |
zurück |
|