Die Herrschaft Schmalkalden im amtlichen Kartenmaterial
verewigt
Das aktuelle Interview mit Dr. Hans-Jürgen
Kahlfuß
Anlässlich des Tages der hessischen Landesgeschichte in Schmalkalden
wird heute Abend, 18 Uhr, Schloss Wilhelmsburg, eine ganz besondere
Ausstellung eröffnet. Über ihre Bedeutung sprach Susann
Schönewald mit Dr. Hans Jürgen Kahlfuß, Vorsitzender
des Vereins für Hessische Geschichte and Landeskunde und Initiator
der Präsentation.
Woher kommt Ihr Interesse an der Kartografie?
Dr. Kahlfuß: Bereits von 1960 bis 1964 habe ich an
der Geschichte der Kartografie der Herzogtümer Schleswig, Holstein
and Lauenburg gearbeitet. Ich erschloss durch die damaligen Untersuchungen
insbesondere die handgezeichneten Kartenmaterialen des 17. bis 19.
Jahrhunderts. Verständlich ist daher mein Wunsch seit meinem
Berufswechsel als Bibliothekar nach Hessen, auch für diese
deutsche Teillandschaft karthografiehistorische Beitrage zu veröffentlichen.
Ihr neuestes Werk, des sie heute Abend auch vorstellen werden,
beschäftigt sich mit der Geschichte der amtlichen Kartografie
der Herrschaft Schmalkalden. Ein Ableger" Ihrer Forschungen
in Hessen?
Dr. Kahlfuß: Keineswegs. Als 1990 der Hessische Geschichtsverein
in Schmalkalden zu meiner großen Freude wiedergegründet
wurde, wollte ich fur die Stadt etwas tun. Aus meiner Studienzeit
erinnerte ich mich: Es gibt als Separatkarte des großartigen
topografischen Kartenwerks in 270 Blättern über des Königreich
Preußen von Friedrich Wilhelm Carl Graf von Schmettau eine
herausragende Karte im Maßstab 1:25.000 über die Herrschaft
Schmalkalden aus dem Jahre 1785.
Ich stellte weiter fest, dass es bis dahin noch keine Darstellung
darüber gibt. Eigentlich wollte ich über die Entstehung
dieser Karte nur einen Aufsatz schreiben.
Entstanden ist jedoch eine 114Seiten umfassende wissenschaftliche
Darstellung ...
Dr. Kahlfuß: Ja. Ich stolperte bei meinen Forschungen
über einen Fund nach dem anderen. Manches war bereits in der
Literatur beschrieben, hier konnte ich meine Blickrichtung hinzufügen.
Andere Dinge waren angerissen, hier konnte ich tiefer eindringen.
Und dann machte ich zwei Neuentdeckungen: die Herrschaft. Schmalkalden
wurde zur besseren Holzbewirtschaftung im Jahre 1754 im Maßstab
1:10.000 durch Wilhelm Bauer und in einer sehr frühen Messtischblattaufnahme
durch Heinrich Wiegrebe zusätzlich in hervorragenden Karten
sehr ausführlich kartiert. Das Buch titelt Geschichte
der amtlichen Kartografie der Herrschaft Schmalkalden". Tatsachlich
ist es fast die Geschichte der Kartografie der Landgrafschaft Hessen-Kassel,
dargestellt an der Herrschaft Schmalkalden von 1480 bis heute.
Könnten Sie in knappen Sätzen das Buch und die Ausstellung
beschreiben?
Dr. Kahlfuß: Beide sollen Jedermann verständlich
über die verschiedenen Vermessungsphasen in der Herrschaft
beziehungsweise im Kreis Schmalkalden informieren. Es ist ein historischer
Abriss. So beschreibe ich unter anderem das Aufkommen regionaler
kartografischer Arbeiten in Deutschland etwa ab 1400 bis zirka 1580.
Die Herrschaft Schmalkalden ist topografisch gemäß den
Fähigkeiten der Zeit um 1589, um 1706, 1754, 1822/23, 1856
und um 1903 und folgende Jahre sehr anschaulich beschrieben. Besonders
wertvoll ist die Tatsache, dass heute mit einer Ausnahme und mit
Ausnahme der Flurkarten alle diese ursprünglich nur als farbige
Handzeichnung vorhandenen Karten im Faksimiledruck vorliegen.
Welche Bedeutung hat ihre Arbeit für Historiker und Geschichtsinteressierte?
Dr. Kahlfuß: Ich möchte ein Beispiel nennen.
Seit 1654 haben wir in der Landgrafschaft Hessen-Kassel eine jährlich
wiederkehrende Besteuerung. Bekannt ist, dass beispielsweise die
Schmalkalder im Jahre 1714 eine Eingabe verfassten, in der sie sich
über die ungerechte Besteuerung beklagten. Es wurde letztlich
akzeptiert, dass eine gerechte Besteuerung eine großmaßstäbige
Vermessung der besteuerbaren Ländereien mit Kartierung erforderlich
machten. Die steuerbaren Ländereien der Herrschaft Schmalkalden
wurden zwischen 1714 und 1728 kartiert.
Die damals und später hergestellten Flurkarten wie die zugehörigen
Verzeichnisse beschreiben die Landschaft bis ins Detail nicht nur
topografisch, sondern zeigen zugleich auch die Besitzstrukturen
auf, sehr oft auch die Wirtschafts- and Sozialstruktur zum Zeitpunkt
der Vermessung.
In den Schmalkalder Geschichtsbättern, Heft 7/8, herausgegeben
vom Schmalkalder Zweigverein anlässlich des Tages der hessischen
Landesgeschichte, werden bereits die Orte Asbach und Altersbach
auf dieser Grundlage beschrieben.
Das Werk soll und kann eine Arbeitshilfe fur spätere
historisch-landeskundliche Untersuchungen aller Ausrichtungen über
die Herrschaft Schmalkalden ab zirka 1580 sein.
Wer hat Ihnen bei ihrer Arbeit geholfen?
Dr. Kahlfuß: Zunächst möchte ich sagen,
dass dieses Buch und die Erarbeitung der Ausstellung auch in Würdigung
des Einsatzes von Oswald Clemen und seiner Wegbegleiter für
den hessischen Geschichtsverein am Ort ist. Bei meinem Aktenstudium
haben mich unter anderem des Schmalkalder Stadt- und Kreisarchiv
unterstützt, das Hessische Staatsarchiv Marburg sowie des Thüringer
Landesvermessungsamt, Hersteller des Buches.
Wo kann man das Buch kaufen?
Dr. Kahlfuß: Heute Abend bieten wir des Werk im Rahmen
der Ausstellungseröffnung zu einem besonderen Preis an. Ansonsten
kann es im Buchhandel erworben werden. 1000 Exemplare sind zunächst
gedruckt worden.
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