Interview mit Dr. Hans-Jürgen Kahlfuß

Hans-Jürgen Kahlfuß: Geschichte der amtlichen Kartographie der Herrschaft Schmalkalden, Kassel 2001 (Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde, Band 38).

Die Herrschaft Schmalkalden im amtlichen Kartenmaterial verewigt

Das aktuelle Interview mit Dr. Hans-Jürgen Kahlfuß

Anlässlich des Tages der hessischen Landesgeschichte in Schmalkalden wird heute Abend, 18 Uhr, Schloss Wilhelmsburg, eine ganz besondere Ausstellung eröffnet. Über ihre Bedeutung sprach Susann Schönewald mit Dr. Hans Jürgen Kahlfuß, Vorsitzender des Vereins für Hessische Geschichte and Landeskunde und Initiator der Präsentation.

Woher kommt Ihr Interesse an der Kartografie?

Dr. Kahlfuß: Bereits von 1960 bis 1964 habe ich an der Geschichte der Kartografie der Herzogtümer Schleswig, Holstein and Lauenburg gearbeitet. Ich erschloss durch die damaligen Untersuchungen insbesondere die handgezeichneten Kartenmaterialen des 17. bis 19. Jahrhunderts. Verständlich ist daher mein Wunsch seit meinem Berufswechsel als Bibliothekar nach Hessen, auch für diese deutsche Teillandschaft karthografiehistorische Beitrage zu veröffentlichen.

Ihr neuestes Werk, des sie heute Abend auch vorstellen werden, beschäftigt sich mit der Geschichte der amtlichen Kartografie der Herrschaft Schmalkalden. Ein „Ableger" Ihrer Forschungen in Hessen?

Dr. Kahlfuß: Keineswegs. Als 1990 der Hessische Geschichtsverein in Schmalkalden zu meiner großen Freude wiedergegründet wurde, wollte ich fur die Stadt etwas tun. Aus meiner Studienzeit erinnerte ich mich: Es gibt als Separatkarte des großartigen topografischen Kartenwerks in 270 Blättern über des Königreich Preußen von Friedrich Wilhelm Carl Graf von Schmettau eine herausragende Karte im Maßstab 1:25.000 über die Herrschaft Schmalkalden aus dem Jahre 1785.
Ich stellte weiter fest, dass es bis dahin noch keine Darstellung darüber gibt. Eigentlich wollte ich über die Entstehung dieser Karte nur einen Aufsatz schreiben.

Entstanden ist jedoch eine 114Seiten umfassende wissenschaftliche Darstellung ...

Dr. Kahlfuß: Ja. Ich stolperte bei meinen Forschungen über einen Fund nach dem anderen. Manches war bereits in der Literatur beschrieben, hier konnte ich meine Blickrichtung hinzufügen. Andere Dinge waren angerissen, hier konnte ich tiefer eindringen. Und dann machte ich zwei Neuentdeckungen: die Herrschaft. Schmalkalden wurde zur besseren Holzbewirtschaftung im Jahre 1754 im Maßstab 1:10.000 durch Wilhelm Bauer und in einer sehr frühen Messtischblattaufnahme durch Heinrich Wiegrebe zusätzlich in hervorragenden Karten sehr ausführlich kartiert. Das Buch titelt „Geschichte der amtlichen Kartografie der Herrschaft Schmalkalden". Tatsachlich ist es fast die Geschichte der Kartografie der Landgrafschaft Hessen-Kassel, dargestellt an der Herrschaft Schmalkalden von 1480 bis heute.

Könnten Sie in knappen Sätzen das Buch und die Ausstellung beschreiben?

Dr. Kahlfuß: Beide sollen Jedermann verständlich über die verschiedenen Vermessungsphasen in der Herrschaft beziehungsweise im Kreis Schmalkalden informieren. Es ist ein historischer Abriss. So beschreibe ich unter anderem das Aufkommen regionaler kartografischer Arbeiten in Deutschland etwa ab 1400 bis zirka 1580. Die Herrschaft Schmalkalden ist topografisch gemäß den Fähigkeiten der Zeit um 1589, um 1706, 1754, 1822/23, 1856 und um 1903 und folgende Jahre sehr anschaulich beschrieben. Besonders wertvoll ist die Tatsache, dass heute mit einer Ausnahme und mit Ausnahme der Flurkarten alle diese ursprünglich nur als farbige Handzeichnung vorhandenen Karten im Faksimiledruck vorliegen.

Welche Bedeutung hat ihre Arbeit für Historiker und Geschichtsinteressierte?

Dr. Kahlfuß: Ich möchte ein Beispiel nennen. Seit 1654 haben wir in der Landgrafschaft Hessen-Kassel eine jährlich wiederkehrende Besteuerung. Bekannt ist, dass beispielsweise die Schmalkalder im Jahre 1714 eine Eingabe verfassten, in der sie sich über die ungerechte Besteuerung beklagten. Es wurde letztlich akzeptiert, dass eine gerechte Besteuerung eine großmaßstäbige Vermessung der besteuerbaren Ländereien mit Kartierung erforderlich machten. Die steuerbaren Ländereien der Herrschaft Schmalkalden wurden zwischen 1714 und 1728 kartiert.
Die damals und später hergestellten Flurkarten wie die zugehörigen Verzeichnisse beschreiben die Landschaft bis ins Detail nicht nur topografisch, sondern zeigen zugleich auch die Besitzstrukturen auf, sehr oft auch die Wirtschafts- and Sozialstruktur zum Zeitpunkt der Vermessung.
In den Schmalkalder Geschichtsbättern, Heft 7/8, herausgegeben vom Schmalkalder Zweigverein anlässlich des Tages der hessischen Landesgeschichte, werden bereits die Orte Asbach und Altersbach auf dieser Grundlage beschrieben.
Das Werk soll – und kann – eine Arbeitshilfe fur spätere historisch-landeskundliche Untersuchungen aller Ausrichtungen über die Herrschaft Schmalkalden ab zirka 1580 sein.

Wer hat Ihnen bei ihrer Arbeit geholfen?

Dr. Kahlfuß: Zunächst möchte ich sagen, dass dieses Buch und die Erarbeitung der Ausstellung auch in Würdigung des Einsatzes von Oswald Clemen und seiner Wegbegleiter für den hessischen Geschichtsverein am Ort ist. Bei meinem Aktenstudium haben mich unter anderem des Schmalkalder Stadt- und Kreisarchiv unterstützt, das Hessische Staatsarchiv Marburg sowie des Thüringer Landesvermessungsamt, Hersteller des Buches.

Wo kann man das Buch kaufen?

Dr. Kahlfuß: Heute Abend bieten wir des Werk im Rahmen der Ausstellungseröffnung zu einem besonderen Preis an. Ansonsten kann es im Buchhandel erworben werden. 1000 Exemplare sind zunächst gedruckt worden.