Der Leitaufsatz zum Umschlagbild 5
den preußischen Militärdienst zu entscheiden.
Alle Einwohner der abgetretenen Gebiete,
also auch die des Hinterlandes, hatten ein
Jahr Zeit, sich zu überlegen, ob sie im preußischen
Staatsverband bleiben wollten oder ob
sie das Hoheitsgebiet wechseln wollten.
Die preußischen Gesetze in den neuen Landesteilen
wurden auf Wunsch der beiden Landesadministratoren
in Kassel und Wiesbaden
am 30. September 1867 eingeführt, hessischdarmstädtische
Gesetze und Verordnungen
hatten ihre Gültigkeit im Hinterland jetzt verloren.
Mit Verfügung vom 26. August 1867 an
die beiden Landesadministratoren, die späteren
Regierungspräsidenten in Wiesbaden und
Kassel, wird durch das preußische Innenministerium
angeordnet, alle Vierteljahre einen
Bericht an den Oberpräsidenten in Kassel zu
schicken, aus dem die Zustände in dem jeweiligen
Landkreis zu ersehen seien. Diese Berichte
mussten nach einem vorgeschriebenen
Schema erstellt werden und bestanden aus 14
Punkten:
1. Gesundheitszustand der Bevölkerung
2. Unglücksfälle und Naturereignisse
3. Wohlstand
4. Landeskultur
5. Handel und Gewerbe
6. Öffentliche Stimmung
7. Wohltätigkeit
8. Verbrechen
9. Kirche und Schule
10. Abgaben und Steuern
11. Öffentliche Bauten
12. Polizei
13. Militärangelegenheiten
14. Organisation der Verwaltungsbehörden
Den ersten Bericht der Regierung Wiesbaden,
zu der der Kreis Biedenkopf ja gehörte, datiert
vom 31. Dezember 1867, aus dem an dieser
Stelle nur wenige Punkte dargestellt werden
sollen.
In Abschnitt 3 Wohlstand wird vermerkt,
dass die Bewohner an Main, Rhein und Lahn
als wohlhabend, die Bewohner der Höhengebiete,
also im Westerwald und die an der
westfälischen Grenze im Raum Hallenberg-
Battenberg aber als arm zu bezeichnen sind.
Eisenbahnen und Chausseen führen ausschließlich
durch die wohlhabenderen Gebiete,
meiden aber die ärmeren Gegenden.
In Abschnitt 5 Handel und Gewerbe heißt
es: „Der Bergbau in den oberhessischen Landesteilen
hat nur noch einen geringen Fortschritt,
obwohl namentlich in dem südlichen
an den Kreis Wetzlar angrenzenden Teil des
oberhessischen Bezirkes bedeutende Eisenerzlager
sich finden. Es fehlt der Gegend aber
an Kommunikationswegen, und namentlich
kann erst dann dem erwähnten Bergbau zu
einem Aufschwung verholfen werden, wenn
die seit vielen Jahren vergeblich projektierte
Lenne-Lahn-Eisenbahn zur Ausführung
kommt. Für die zahlreichen Eisenhütten ist
der Bau dieser Eisenbahn eine Existenzfrage.
Die Bevölkerung wäre der Staatsregierung zu
großem Dienst verpflichtet, weil sie hofft, dadurch
den Bergbau zu fördern und ihren eigenen
Wohlstand zu heben.“
Die öffentliche Stimmung in der Bevölkerung
wird in Abschnitt 6 dargestellt. Dort
heißt es u. a.: „Mit Ausnahme der Frankfurter
zeigt sich im Übrigen die Bevölkerung des Regierungsbezirkes
und besonders auch die der
neuen Gebietsteile nicht nur willig und fügsam
der preußischen Regierung gegenüber,
sondern es herrscht auch im Allgemeinen
eine mehr oder minder freudige Zustimmung
zu den Verhältnissen, welche die Ereignisse
des Jahres 1866 geschaffen haben. Es ist dies
umso höher anzuschlagen, als der Übergang
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