schockiert. Das war der Ausgangspunkt für die Idee, diesen vergessenen Teil der Geschichte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, erklärt Jette Haak, Mitglied der Projektgruppe.
In den Jahren zwischen 1939 und 1945 leisteten weit über hundert Frauen, Männer und Kinder auf der Domäne Frankenhausen Zwangsarbeit. Insgesamt kamen die Menschen aus sieben Nationen, die meisten von ihnen aus Polen und der Sowjetunion. Sie mussten in fast allen Bereichen des großen Betriebs arbeiten, beispielsweise im Ackerbau, in Rinder- und Schweineställen oder in der Produktion der damals viel gelobten „Frankenhäuser Vorzugsmilch“. Ihr Leben war bestimmt von unzureichender Ernährung, unangemessener Kleidung, schlechter Unterkunft, Willkür und Repression.
Der Rundgang, der ihre Geschichten abbildet, besteht aus sieben thematischen Stationen, an denen jeweils eine Tafel anhand von Aktenauszügen, Fotos und Zitaten über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter berichtet. Gleichzeitig nehmen die Tafeln auch Bezug auf das Ausmaß und die Bedeutung der landwirtschaftlichen Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus. „Die Tafeln liefern nicht nur Antworten, sie werfen auch Fragen auf. Neben der Erinnerung an die Betroffenen wollen wir zu einer kritischen Auseinandersetzung anregen“, so Hannah Fritsch, Studentin der ökologischen Agrarwissenschaften und Mitglied der Projektgruppe. Anhand von übergeordneten Themen wie „NS-Rassen­ideologie“ oder „Verhältnis zwischen Einheimischen und Zwangsarbeitenden“ wird Geschichte am konkreten Beispiele der Domäne Frankenhausen begreifbar gemacht und ein Eindruck davon vermittelt, was Zwangsarbeit für die einzelnen Menschen bedeutete.
Die Tafeln wurden vom Zentrum für Ökologischen Landbau und Nachhaltige Regionalentwicklung, dem Projektrat der Uni Kassel, dem Hochschulverband Witzenhausen sowie dem Fachschaftsrat Witzenhausen und der Autonomen Antifa Witzenhausen gefördert. „Die breite Unterstützung spiegelt das große Interesse an dem Thema wider. Vielleicht ist dies ja ein erster Schritt für den Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften zu einer kritischen Aufarbeitung auch der nationalistisch und rassistisch geprägten Geschichte der Kolonialschule als Vorgängerinstitution des Fachbereichs“, sagt Jette Haak.
Der Tafelrundgang ist öffentlich zugänglich und kann jederzeit besucht werden.
Ansprechpartner: Jochen Ebert, Projektgruppe „Zwangsarbeit in der Landwirtschaft Nordhessens während des Nationalsozialismus“, E-Mail: seminar-zwangsarbeit@uni-kassel.de oder joebert@uni-kassel.de.
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