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dener [entschiedener] Unterstützung von Wissenschaft und Forschung den durch den Ersten Weltkrieg verursachten Ansehensverlust des Militärs zu kompensieren, schien diese Offensive gerechtfertigt. Einen besonderen Anlass bot allerdings der Blick auf die Marburger Studentenschaft, die seit dem Überfall des berüchtigten Marburger Studentencorps im thüringischen Mechterstädt als besonders reaktionär galt. Um ihr Belehrung zu erteilen, habe sich Gelegenheit geboten, eine Art Exempel zu statuieren. Nicht zuletzt mit dem Universitätsjubiläum von 1927 sei es dem Marburger Kurator Ernst von Hülsen mit Unterstützung der Berliner Kultusbehörde gelungen, eine konsequente Verjüngung der Professorenschaft zu betreiben, aus der sich wiederum die besonders „diskursfreudige Atmosphäre" der verschiedenen Wissenschaftszirkel innerhalb der Kleinstadt ergeben habe. Gleichwohl warnte Hammerstein davor, die grosse intellektuelle Blütezeit Marburgs, die sowohl in Theologie als auch in Philosophie manchen der Geisteswissenschaften ihren legendären Weltruf beschert habe, auf das Gesamtbild der Universität zu übertragen oder gar mit einer breiten Bereitschaft zu gesellschaftlichem und politischem Engagement für die Weimarer Republik gleichzusetzen. Abgesehen von sehr bemerkenswerten Ausnahmen seien die Professoren und mehr noch die Studenten weiterhin von einer stark konservativen „Rückwärtssehnsucht" oder von politischer Indifferenz bestimmt gewesen.

 

Die Theologische Fakultät: Bultmann und Hermelink

Die wissenschaftliche und auch politische Polarität, wie sie die Theologische Fakultät in den 20er Jahren aufwies, unterstrichen die Vorträge über die miteinander befreundeten Rudolf Bultmann und Heinrich Hermelink. Professor Dr. Jan Rohls, München, beleuchtete mit einem bemerkenswert breit angelegten wissenschaftlichen Zugriff die sicherlich beherrschende Figur der Theologischen Fakultät, den Neutestamentler Rudolf Bultmann. Rohls gelang es in einem überzeugenden Bogenschlag, insbesondere die Verortung eines Mannes im Spannungsfeld von Theologie und Philosophie vorzunehmen, dessen Bedeutung für die moderne Theologie ausser Frage steht.1)

Trotz aller Dominanz Bultmanns innerhalb seiner Kollegenschaft gelang es ihm aber nicht, einen „erratischen Block" innerhalb der Theologischen Fakultät herzustellen. So kritisierte Bultmann seinen Kollegen Hermelink, wie es Privatdozent Dr. Konrad Hammann (Göttingen) in seinem Referat

 

 

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