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Das Grenzgangfest in Biedenkopf

 

Aus einem alten Rechtsbrauch wurde ein Heimatfest

 

Es dürfte keine weitere Gegend in Deutschland geben, in der auf engem Raum so häufig Grenzgangfeste gefeiert werden wie im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Hier gibt es fünf Orte, die die einstmals behördlich angeordneten Grenzbegehungen in Form eines Volksfestes fortsetzen. Dabei spielt es keine Rolle, daß Wetter, Goßfelden und Wollmar früher einmal zu Kurhessen gehört haben und daß Biedenkopf und Buchenau einmal hessen-darmstädtisch waren. Auf das in seinem Umfang größte dieser Grenzgangfeste soll hier etwas ausführlicher eingegangen werden.

 

In Biedenkopf trennten im Mittelalter - so wie überall - „Marken", d.h. breite gerodete Streifen, den Waldbesitz der Stadt von dem der Nachbargemeinden. Mindestens seit Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Grenze durch eine mit unterschiedlichen Zeichen markierte Linie gebildet. Aus der Zeit Philipps des Großmütigen sind nämlich Streitigkeiten um den richtigen Verlauf der Grenzlinie überliefert, die die Obrigkeit zu entscheiden hatte. So streitet 1525 die Stadt mit Wolzhausen, ab 1536 über 200 Jahre mit den Anrainern Dexbach und Engelbach und 1548 mit der Stadt Hatzfeld. Nach einer längeren Zeit der Eintracht gab es im 17. Jahrhundert erneut Grenzauseinandersetzungen. 1613 mußte die Grenze mit dem Hof Roßbach, einem hessischen Lehen, revidiert werden. 1652 stritt man sich mit Dautphe um den Grenzverlauf. Ein Jahr später gab es Streit mit Eckelshausen, und 1656 entstanden Unstimmigkeiten wegen der Grenze mit Eifa.

 

Lesen wir die Schreiben, mit denen diese Mißverständnisse geschlichtet wurden, finden wir darin Markierungen, die geradezu den nächsten Streit bewirken mußten. So heißt es zum Beispiel „die Buchen auf dem Kreuzweg", „der Bach, der durch das Frankenthal herab läuft" oder „ein großer Stein, daraus eine junge Eiche gewachsen". Das waren alles natürliche Grenzzeichen. Aber auch die ersten künstlichen Markierungen, wie mit Kreuzen gezeichnete Bäume oder unbehauene Steine, boten, wie man bald feststellte, keine Gewähr für die endgültige Beilegung der Grenzstreitigkeiten.

 

 

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