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Bereits um 1019 hatte das Kloster Kaufungen die Obermärkerschaft über den Kaufunger Wald. Die Schwächung der Klöster und das Erstarken der Macht der Territorialherren ließ diese Obermärkerschaft im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts in die Hand der thüringischen Landgrafen übergehen, und als diese 1247 ausstarben, stritten sich die hessischen Landgrafen und die braunschweigischen Herzöge um diesen Wald. Als sie sich im Frieden von Fulda - 1306 - über den Waldbesitz nicht einigen konnten, entstand die sogenannte hessisch-braunschweigische Gemeinschaft, der "Kauffunger Sambtwald".

 

Die erste Forstbeschreibung dieses Sambtwaldes stammt aus dem Jahre 1587, in der es heißt: "... Der Kaufunger Sambtwald daselbst im und am Gerichte Sichelnstein gelegen, ist nicht gemessen; hat sonsten ungefer zwey meyle weges in der Lengde [ca. 16 km], anderthalb auh etzlichen Orten, eine Mihle in der Breite [ca. 8 km]; darin ist eichen und buchen, und allerhandt Unterholtz, ist aber nunmehr ein verhawener und verderbter Waldt, darinnen auch neuere Glasehütten liggen." Somit ist die Entstehungszeit der Karte zwischen 1587 und 1594 anzusetzen.

 

Die braunschweigisch-hessische Gemeinschaft hatte von 1306 bis 1620 Bestand, doch wurde in dieser Zeit mehrmals versucht, eine Teilung herbeizuführen. Mit der Anfertigung der Karte wollte der hessische Landgraf seine Besitzstandwahrung am Kaufunger Sambt wald dokumentieren.

 

An der Karte des Kaufunger Waldes ist jedoch auch sichtbar, daß es nicht nur um die genaue Feststellung der Grenzen ging, sondern um eine aussagekräftige Darstellung der inneren Beschaffenheit des Landes. Insbesondere die Verteilung von Wald- und Ackerflächen, der Lauf auch der kleinsten Gewässer von der Quelle bis zur Mündung sind genau verzeichnet. Straßen und Wege hingegen sind äußerst selten eingezeichnet, jedoch wirtschaftliche Besonderheiten, vor allem die vorindustriellen Produktionsstätten.

 

Alle Orte sind durch eine unstrukturierte Häuseransammlung dargestellt, aus der jeweils ein Gebäude, zumeist die Kirche, mit einem aufgesetzten Dachreiter als wichtigstes Gebäude hervorgehoben wird. Ein Vorgehen übrigens, daß sich auch bei anderen Bauten auf dieser Karte zur Kennzeichnung ihrer besonderen Bedeutung findet und nicht als individuelle Merkmale der Häuser mißverstanden werden darf. Moers hat also die Orte bildlich dargestellt und zwar so, daß sie, obwohl nicht mit dem realen Bild genau gleich, doch mit charakteristischen Eigenheiten ausgestattet sind. Zwischen diesen sind Mühlen, Glashütten, Hämmer und Bergwerke aufgeführt.

 

Der Wirklichkeit näherkommen dagegen besonders die Darstellungen der Städte Kassel, Münden und Witzenhausen. Im Gegensatz zu den auf der Karte eingezeichneten, aus nur wenigen zusammenhängenden Häusern bestehenden Dörfern erhielt die Stadt nicht nur einen größeren Umfang, sondern auch die Attribute einer Stadt: Mauern und Türme. Immerhin darf man bei Witzenhausen annehmen, daß Moers hinter der Häuseransamm lung das Rathaus und die Kirche - beide mit ihren Dachreitern - zu kennzeichnen suchte und einen der für Witzenhausen offenbar besonders typischen großen Rundtürme hinzufügen wollte. Einige wenige Beispiele mögen die Bedeutung der Karte für die Forschung belegen.

 

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