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das bisherige hessische Rekrutierungsgesetz weiterhin gelten werde? Außer einigen Staatsbeamten, die das von Amts wegen mußten, gab es sicher nur wenige Hessen, die das für möglich hielten oder gar wünschten, denn wir wissen, wie überaus herzlich die einmarschierenden preußischen Truppen überall im Lande, und nicht nur in Hersfeld1, von dem größten Teil der Bevölkerung begrüßt wurden. Dem gefangenen Kurfürsten trauerte fast niemand nach, er hatte sich schon längst durch seine eigensinnige Politik bei seinen Untertanen unbeliebt gemacht.

Was aber hat man sich unter einer "Militairausnahme" vorzustellen? Irgendwie hat dieser Begriff, wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, mit der Musterung und Rekrutenaushebung zu tun. Tatsächlich handelt es sich um ein altes Rechtswort. "Ausnahme" ist danach z. B. das, was der Bauer bei der Hofübergabe an seinen Sohn davon ausnimmt, diesem also nicht übergibt. In den beiden kurhessischen Rekrutierungsgesetzen (1817 und 1834) kommt der Ausdruck allerdings nur einmal vor, nämlich 1817 als "Befreiung von der Militairausnahme", sonst nicht. Im § 26 dieses Gesetzes werden dann auch insgesamt 12 Fälle aufgeführt, die von der Verpflichtung zum Militärdienste im stehenden Heere Ausnahmen gelten lassen2.

Für Crandefeld galt es aber, noch auf eine weitere Bestimmung zu achten: Männer unter 25 Jahren brauchten in Kurhessen nämlich ausdrücklich eine Einwilligung des zuständigen Militärbeamten, wollten sie vor diesem Zeitpunkt heiraten ("Heiraths-Consens"). Sie wurde nur in besonderen Fällen erteilt, denn gleichergestalt (wenn sich nämlich der angehende Hochzeiter durch die beabsichtigte Ehe nur der unangenehmen fünfjährigen Dienstpflicht entziehen wollte) muß auch der Beamte bei Burschen, welche zum Militairdienste abkömmlich und sonst schicklich sind, seine Einwilligung zur Heirath vor zurückgelegtem 25sten Jahre verweigern, heißt es im § 24 des Gesetzes3. Nur besondere Umstände ließen von dieser Vorschrift eine Ausnahme zu, und das war hier offensichtlich der Fall.

Kurz und gut: Der junge Kaufmann aus Philipstown (750 km NE von Kapstadt) und seine Braut bekamen den "Consens" und werden heilfroh gewesen sein, als alle Hindernisse mit Gottes und der Behörden Hilfe schließlich überwunden waren und sie sich in Kassel das Ja-Wort geben konnten, bevor das Schiff beide für viele Jahre nach Südafrika entführte. (Aus: Mein Heimatland, Bd. 30, Mai 1982, S. 14 -15)

  

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1 Walter Mitze: Als Hersfeld preußisch wurde. In: Mein Heimatland, Bd. 27 (1976), S. 38 f.

2 Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und sonstigen allgemeinen Verfügungen für die kurhessischen Staaten, Bd. 2, 1817, S. 43 f. Vergleiche auch das Rekrutierungsgesetz von 1834, und zwar die §§ 21 und 124 (in Band 7 der Sammlung).

3 AaO., S. 43 des zweiten Bandes.

 

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