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als Sprache in Kirche und Schule in den Dörfern um 1830. In der Karlskirche zu Kassel wurde bis 1840 ausschließlich, bis 1867 an jedem zweiten Sonntag französisch gepredigt. In entlegenen Dörfern, wie Louisendorf, ist die jetzt absterbende Generation noch im häuslichen Gebrauch des französischen Dialektes aufgewachsen. Die letzten Spuren wurden durch Tonbandaufnahmen gesichert.
Die Hoffnungen, die die hessische Regierung in den wirtschaftlichen Nutzen der Hugenottenansiedlung gesetzt hatte, wurden nicht erfüllt (Karlshafen als Weserhafen und Verbindung zur Nordsee, Kanalprojekt von der Weser über Diemel, Esse, Ahna, Fulda, Eder, Schwalm, Lahn zu Rhein u.a.). Trotzdem ist der Einfluß auf die Entwicklung von Landwirtschaft, Handwerk, Kunsthandwerk und Industrie, vor allem aber auf die schönen Künste, beträchtlich. Kunst und Wissenschaft in Hessen kennen eine große Zahl hugenottischer Persönlichkeiten. Die große Anzahl von Geistlichen und Beamten hat entscheidenden Einfluß auf die Ausbildung der kurhessischen Staatskultur gehabt. In Hessen-Kassel konnte sich die in vielen deutschen Residenzen übliche französische Hofkultur auf eine solide Basis im eigenen Lande stützen. Diese einzigartige Verbindung hat in Kurhessen zu erstaunlichen Leistungen in Kunst und Wissenschaft geführt, die weit über Hessen hinaus Bedeutung hatten: Denis Papin, die Architektenfamilie du Ry, die Gelehrten- und Beamtenfamilie Robert u.a. Auch die beiden Kasselanerinnen Dorothea Viehmann und Malwida von Meysenbug sind geborene Hugenottinnen.
Kaum anderswo ist hugenottisches Wirken und Erbe noch so greifbar wie in Kassel und Nordhessen. Obwohl das klassische Beispiel für die Hugenottenarchitektur in Deutschland, die Kasseler Oberneustadt, völlig zerstört ist - ähnlich wie die Friedrichstadt in Berlin -, läßt sich an den in den Kunstsammlungen im Stadtmuseum und in der Umgebung vorhandenen Zeugnissen hugenottischen Wirkens das einzigartige Schicksal dieser glaubenstreuen Menschen und ihre segensreiche Bedeutung für das Gastland heute noch anschaulich machen.
Die bekanntesten anderen Hugenottenstädte sind: Berlin, Altona und Erlangen.

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MITTEILLUNGEN

 

Für die Niederlande gestorben. 400. Todestag von Prinz Wilhelm von Nassau

Vor kurzem wurde des 400. Todestages des "großen Oraniers" gedacht, der historisch korrekter "Dillenburger" heißen müßte: des Prinzen Willem (1533-1584), dessen großartiges Porträt von Antonis Mor (1555) in der Kasseler Gemäldegalerie hängt. An der Feierstunde in der Gruft der Nieuwe Kerk in Delft nahmen drei Staatsoberhäupter teil: Königin Beatrix der Niederlande mit Gemahl Claus, König Baudoin von Belgien mit Königin Fabiola und der Großherzog Jean von Luxemburg. Wilhelm von Nassau wurde in Dillenburg geboren als Sohn des Prinzen Wilhelm des "Reichen" und der Gräfin von Stolberg und Katzenelnbogen. Er wurde am Hofe Kaiser Karls V. erzogen und erwarb sich dort das Geschick, das ihm zu seinem Wahlspruch "Viel denken, wenig reden" verhalf und ihm den Beinamen "der Schweiger" einbrachte. Er wurde Statthalter von Holland, Seeland und Utrecht, setzte sich für die Religionsfreiheit seiner Untertanen ein und mußte schließlich 1568 vor Herzog Alba nach Nassau fliehen. Er verkaufte wertvollen Familienbesitz, um Geld für den Kampf gegen die Spanier aufzubringen, in dem er 1588 von Mördern erschossen wurde.

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