MHG, 1915/16, Seite 56

- 56 -

Am 31. August las man, daß am 18. die Truppen in die Trierer Gegend eingerückt wären. 19 Tage nach dem bei Velmy angerichteten Unheil wurde den Lesern die angenehme Nachricht aufgetischt, „daß Anfang Oktober Dumouriez dergestalt umzingelt ist, daß er nicht _mehr agieren kann und sich nach dem Willen der Überwinder wird fügen müssen“ und „die Avantgarde der Herzoglich Braunschweigischen Armee öffne den Weg nach Paris“. Auch im Beschwichtigen der Sorgen um die Gesundheit der Truppen leistete man Großes. Am 24. September wurde verkündigt: „Den jüngsten Nachrichten aus dem Lager bei Verdun zufolge, befanden sich bey dem unter Sr. Hochfürstl. Durchlaucht dem Landgrafen stehenden Korps Truppen daselbst fast gar keine Kranke. Im Lazareth, welches nunmehr nach Verdun gleichfalls vorrücken sollte, waren damals ungefähr 22 Kranke, die aus dem ersten Lager zurückgeblieben waren, also eine so geringe Anzahl, daß sie oft in den ruhigsten Friedenszeiten bei einem Korps von 6000 Mann um das Doppelte und Dreyfache überstiegen wird“.

Dagegen trug Kapitän Wiederhold wenig später in das von ihm geführte amtliche Tagebuch des Hessischen Generalstabs ein: „im Lazareth zu Verdun lagen um diese Zeit 300 Kranke inclusive einiger blesierter“.—

Im Vollgenuß der Vorteile, welche in unserer Kriegszeit staatliche Fürsorge und geschäftlicher Diensteifer den im Lande Zurückbleibenden durch Einrichtungen des Verkehrs und der Berichterstattung in überreichem Maße darbieten, ja in dem Maße, daß hin und wieder einer übertreibenden Ausnutzung gewehrt werden muß, fragen wir uns: wie ertrugen unsere Vorfahren die Spannung einer wochen- und monatelangen Ungewißheit und Unkenntnis der Ereignisse und der Erlebnisse auf einem weitentlegenen Kriegsschauplatz? Nur spärlich klingen aus der Ferne vergangener Jahrhunderte deutliche Stimmen zu uns herauf, in denen die Volksseele ihre innersten Regungen offenbart; aber dies ist gewiß: den zum Kampf ausziehenden Söhnen sind immer die sorgenden Gedanken der Väter gefolgt, und immer haben Frauen um ihre Lieben draußen im

vorherige Seite - zurück - nächste Seite


..	- 56 - Am 31. August las man, daß am 18. die Truppen in die Trierer Gegend eingerückt wären. 19 Tage nach dem bei Velmy angerichteten Unheil wurde den Lesern die angenehme Nachricht aufgetischt, „daß Anfang Oktober Dumouriez dergestalt umzingelt ist, daß er nicht _mehr agieren kann und sich nach dem Willen der Überwinder wird fügen müssen“ und „die Avantgarde der Herzoglich Braunschweigischen Armee öffne den Weg nach Paris“. Auch im Beschwichtigen der Sorgen um die Gesundheit der Truppen leistete man Großes. Am 24. September wurde verkündigt: „Den jüngsten Nachrichten aus dem Lager bei Verdun zufolge, befanden sich bey dem unter Sr. Hochfürstl. Durchlaucht dem Landgrafen stehenden Korps Truppen daselbst fast gar keine Kranke. Im Lazareth, welches nunmehr nach Verdun gleichfalls vorrücken sollte, waren damals ungefähr 22 Kranke, die aus dem ersten Lager zurückgeblieben waren, also eine so geringe Anzahl, daß sie oft in den ruhigsten Friedenszeiten bei einem Korps von 6000 Mann um das Doppelte und Dreyfache überstiegen wird“. Dagegen trug Kapitän Wiederhold wenig später in das von ihm geführte amtliche Tagebuch des Hessischen Generalstabs ein: „im Lazareth zu Verdun lagen um diese Zeit 300 Kranke inclusive einiger blesierter“.— Im Vollgenuß der Vorteile, welche in unserer Kriegszeit staatliche Fürsorge und geschäftlicher Diensteifer den im Lande Zurückbleibenden durch Einrichtungen des Verkehrs und der Berichterstattung in überreichem Maße darbieten, ja in dem Maße, daß hin und wieder einer übertreibenden Ausnutzung gewehrt werden muß, fragen wir uns: wie ertrugen unsere Vorfahren die Spannung einer wochen- und monatelangen Ungewißheit und Unkenntnis der Ereignisse und der Erlebnisse auf einem weitentlegenen Kriegsschauplatz? Nur spärlich klingen aus der Ferne vergangener Jahrhunderte deutliche Stimmen zu uns herauf, in denen die Volksseele ihre innersten Regungen offenbart; aber dies ist gewiß: den zum Kampf ausziehenden Söhnen sind immer die sorgenden Gedanken der Väter gefolgt, und immer haben Frauen um ihre Lieben draußen im	..


vorherige Seite - zurück - nächste Seite