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eigentlichen Sinne, erweitert und ersetzt wurde. Daß der Bau eines solchen palatium unter Karl dem Großen stattfand, wird durch die Resultate der Ausgrabungen bestätigt. Entsprechend der eigentümlichen Anlage des palatium, die in Ingelheim besonders klar hervortritt, sind des öfteren dort Reichsversammlungen in der aula regia, dem Königssaal, und damit verbunden Bischofssynoden in der ecclesia, der Kirche, abgehalten worden. Besonders häufig weilte Ludwig der Fromme, der Sohn Karls des Großen, in Ingelheim, bis er auf einer benachbarten Rheininsel 840 starb. Auf einer besonders glanzvollen Reichsversammlung, die der gleichzeitige Dichter Ermoldus Nigellus besungen hat, im Jahre 826, wurde der Dänenkönig Harald getauft. Ingelheim blieb Kaiserpfalz, und noch häufig weilten die Kaiser dort, bis es 1354 durch Karl IV. einer Stiftung von Augustinerchorherren übergeben wurde. Damit war seine Rolle in der Geschichte ausgespielt, und die stolzen Bauten verfielen, öfter von Zerstörungen, so 1689 durch die Franzosen, heimgesucht. Die Ruinenstätte wurde zuerst 1766 besucht und erforscht durch den Gelehrten Schöpflin, der eine ausführliche, für uns sehr wertvolle Abhandlung darüber schrieb. Dann hat sich erst der bekannte Konservator Cohausen 1852 der Erforschung der Kaiserpfalz wieder angenommen. Seine wertvollen Feststellungen wurden 1888/89 durch Paul Clemen (Bonn) erweitert und ergänzt. Die letzteren größeren Ausgrabungen des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft für das von Paul Clemen herausgegebene Pfalzenwerk, die von dem Vortragenden geleitet wurden, fanden in den Jahren 1909, 1910 und 1913 statt. Sie sollen im März 1914 fortgesetzt werden. Ihre wesentlichen Ergebnisse sind die folgenden: In der ersten Kampagne wurde der engere Bezirk der Pfalz durch Aufgrabungen klar gelegt und im einzelnen, soweit es nur irgend möglich war, erforscht. Die enge Besiedelung des Bodens blieb hier wie sonst ein stetes Hindernis. Königssaal und Kirche waren durch einen offenen, kreuzgangartigen Hof, das artrium, miteinander verbunden. Der Kirche legte sich eine Vorhalle vor, an derem südlichen Ende sich ehemals ein

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