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dieser Zeilen, der durch jahrzehntelange Freundschaft mit ihm verbunden war, glaubt ihn nie so schön haben spielen zu hören. Es war das letzte Mal, daß der treffliche Mann, der auch dem Hessischen Geschichtsverein reges Interesse entgegenbrachte, den Bogen seiner geliebten Geige führte. Nach kurzer Zeit warf ihn ein Schlaganfall darnieder; er erholte sich zwar wieder über Erwarten schnell, aber eine akute Krankheit erfaßte ihn und raffte ihn am 7. Mai 1909 dahin.)

Am Schlusse des Abends berichtete Herr Tierarzt Friedrich über eine in Hersfelds Umgebung verbreitete Sitte des „Holrads“. In Meckbach und einigen anderen Dörfern ist es üblich, am Sonntag nach Fastnacht ein altes Wagenrad, durch dessen Nabe eine lange Fichtenstange gesteckt wird, mit Stroh zu umkleiden. Bei dieser Arbeit wird von Zeit zu Zeit gezählt: „Enner, zwoon, drei“, dann ertönt der langgezogene Ruf: „Holrad!“ In der Dämmerung tragen die Burschen, denen sich auch die Mädchen des Dorfes anschließen, während sich die ältere Bevölkerung am Dorfausgange aufstellt, das Rad unter Gesang auf eine Höhe vor dem Dorfe. Dort wird es angezündet und den Berg herabgewälzt. Das Holradrufen erreicht jetzt seinen Höhepunkt. Daneben sollen auch Wünsche für die kommende Ernte laut werden, wie: „Der Flaß soll laang wär“, oder von einer Bauersfrau wird die Aufforderung an die das Holrad führenden Burschen gerichtet : „Öwer min Krutländche au weg!“ — Am Abend des Holradstags wird die Spinnstube zum ersten Male abgetrunken (zum zweiten Male um Ostern). Auch in den Familien gibt es abends besseres Essen. Wir dürfen in dem Brauche jedenfalls Reste eines zu Ehren der Frau Holle gefeierten heidnischen Festes, erblicken 1).

Professor Dehnhardt dankte schließlich allen, die zum guten Gelingen des Versammlungsabends beigetragen hatten und schloß die Sitzung, der sich noch ein kurzes geselliges Beisammensein anschloß.

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1) Ausführlichen Bericht und Ergänzungen dazu siehe Hessenland, 1909, S. 102, 131, 132.

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