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gebot komme, werde er nicht zum Dienste eingezogen, half nichts, er schrie: "ich werde kein Soldat!" und ließ dazwischen Kossuth hochleben. Alsbald wurde der Lärm allgemein; alles schrie, tobte, lärmte; das Ärztezimmer wurde gestürmt, der Rekrutierungsrat bedroht und die einschreitenden Gendarmen zurückgedrängt. Nun wurde ein Schreibunteroffizier an einem Strick auf die Schlagd herabgelassen, um Mannschaften von der Wache zu holen. Diese trafen denn auch bald ein und die größere Menge, die längst abgefertigt war, zog ab. Die Geschäfte wurden nun wieder aufgenommen und mein Urteil lautete : "Frei wegen Kurzsichtigkeit!" Froh darüber verließ ich das Lokal. Aber ich war noch nicht allen Vögeln entflogen; denn die Treppe war vollständig von der Menge besetzt und als ich sie betrat, hieß es unter Drohungen: "Ja, die Schweinehunde, die Brillen auf den Nasen haben, die kommen alle frei und sie können gerade so gut sehen als wir!" Ohne ein Wort zu verlieren, verließ ich den Stadtbau, in doppelter Beziehung froh, gut weggekommen zu sein.
Die Menge, die vor dem Stadtbau weiter getobt hatte, zog sich jetzt, unter Anführung Schreibers, nach dem Altmarkt hin, den der Rittmeister Grau1) von den Husaren gerade zu überschreiten im Begriffe war. Sofort bildete die Menge einen Kreis um ihn und marschierte mit ihm weiter; Rufe wie: "Das ist der "Musjöh", der die Rekruten so schön maltraitieren kann", und Schimpfworte wurden laut. Ob aus Zufall oder Absicht, mag dahin gestellt bleiben: Grau nahm den Säbel, den er bisher unter dem Arm trug, plötzlich in die linke Hand. "Der Kerl will einhauen", hieß

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1) Karl Friedrich Georg Grau war Portépéefähnrich im 2. Husarenregt., wurde 13. 4. 1825 Sekondleutnant darin, dann im Leibdragonerregt., 21. 11. 1836 Premierleutnant. 18. 12. 1843 Rittmeister im 2. Dragoner-, dann im 2. Husarenregt. Wurde in der Nacht vom 8./9. Juni 1849 in Nörre-Snede von den Dänen überfallen und mit fast seinem ganzen Detachement (2 Off., 69 Mann) gefangen genommen. Infolgedessen 31. 10. 1849 kriegsgerichtlich zu 4 Jahren Festungshaft und Dienstentlassung verurteilt, wurde er 20. 12. 1850 dem Rgt. aggregiert und am 20. 5. 1854 pensioniert. Er starb im November 1862.

 

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