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[Kugeln] geln geladen, Zündhütchen aufgesetzt und die Versicherung gedeckt hatte, verlor sich die Menge schweigend. Gegen ½9 Uhr wurde eine Patrouille an den Schauplatz der gestrigen Unruhen, den Steinweg und die große Brücke, geschickt, die mit der Meldung zurückkam, daß alles ruhig sei. Der Patrouillenführer hatte seine Meldung aber noch nicht beendet, als ein Gardist angelaufen kam und meldete, am Steinweg gehe es drunter und drüber, dem Juden Kleeberg seien die Fenster eingeschlagen, die Waren seines Kramladens auf die Straße geworfen und eben seien Zimmerleute damit beschäftigt, die Ecksäulen des Hauses einzuhauen.
Sofort wurde nun Allarm geschlagen. Die Bürgergarde erschien diesmal pünktlicher als Tags zuvor, aber auch der Major Mumm1) erschien zu Pferde auf der Wache und rief: "Kinder, wenn Ihr nicht allein fertig werden könnt, sagt es nur, meine Husaren stehen fix und fertig auf dem Kasernenhof - ein Wort und ich lasse die ganze Bande niederreiten!" Die Bürgergarde zog es aber vor, das Anerbieten dankend abzulehnen, und rückte im Laufschritt ab. Der 1. Schützenzug mußte auf der Wache bleiben. Als die Garde am Steinweg ankam, stieß sie auf einen noch größeren Haufen Tumultuanten als Tags zuvor. Die Straße war mit Kolonialwaren bedeckt und die Menge beantwortete die Aufforderung, auseinander zu gehen, mit Geschrei und Hohngelächter. Nun ging die Bürgerwehr mit gefälltem Bajonett vor, wobei verschiedene Verwundungen vorkamen. Der Gardist Steuerinspektor Spindler durchstach einem Taglöhner das Bein, wofür ihm eine Stunde später von dessen Freunden sämtliche Fenster eingeworfen wurden. Die Attacke half aber, die Menge stob auseinander und wurde von der Bürger- [Bürgergarde

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1) Friedrich Mumm, geb. 1789, war Sekondleutnant im kgl. westfälischen 1. Husarenregt., mit dem er 1813 bei Reichenberg zu den Österreichern überging. 1814 trat er als Sekondleutnant in das kurhessische Husarenregt. ein. Am 25. April 1849 wurde er als Oberstleutnant im 1. Husarenregt. pensioniert. Er starb in Kassel. Verheiratet war er seit November 1818 mit Kunigunde Elise Schön aus Kassel.

 

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