Info

Robin Kiera: Der große Sohn der Stadt Kassel? Der Großmarschall Otto Philipp Braun als Symbol lokaler Geschichtspolitik, Kassel 2009 (Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde 49).

231 Seiten, 26 Abbildungen, Kassel 2009, ISBN 3-925333-49-5

Klappentext:

Der lange Schatten des Nationalsozialismus?

Ein Großteil der historischen Forschung betont im Hinblick auf die kulturell-mentalitätsgeschichtlichen Langzeitwirkungen des Nationalsozialismus, dass in der westdeutschen Gesellschaft spätestens seit den geschichtspolitischen Skandalen der späten 1950er und frühen 1960er Jahre die auch weit nach 1945 wirkenden, nationalsozialistischen Sinn- und Deutungsmuster ihre öffentliche Bindekraft weitgehend verloren hätten. Hieraus wird gefolgert, dass spätestens diesen Jahrzehnten ein grundlegender Mentalitätswandel konstatiert werden müsse.

Die mikrohistorische Untersuchung des  geschichtspolitischen Umgangs mit dem deutsch-bolivianischen Großmarschall Otto Philipp Braun (1798-1869) durch lokale Akteure sowie durch deutsche und bolivianische Diplomaten in Brauns nordhessischer Heimatstadt Kassel in den 1930er, 1960er und 1980er Jahren wirft jedoch die Frage auf, ob diese These auch jenseits einer nationalen, kulturellen Deutungselite empirische Geltung besitzt. Warf der Nationalsozialismus nicht vielleicht doch viel längere Schatten auf das bundesrepublikanische Nordhessen, als bislang oftmals unterstellt?

Im Zuge der Erörterung dieser These, rekonstruiert der Autor Kasseler Gedenk- und Erinnerungskulturen und wirft ebenfalls ein Licht auf die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich, der Bundesrepublik Deutschland, und Bolivien, bei denen Otto Philipp Braun als integratives Symbol fungierte.