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Schwebda – ein Adelsdorf im 17. und 18. Jahrhundert. Mit einem Beitrag zu Herrschaft und Dorf Völkershausen, hrsg. von Jochen Ebert, Ingrid Rogmann, Peter Wiedersich und Heide Wunder, Kassel 2006 (Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde, Band 46).

384 Seiten, ISBN 3-925333-46-0, Ladenpreis 20,00 €, Mitgliederpreis 10,00 €.

Im Mittelpunkt des vorliegenden Bandes stehen die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Menschen in Adelsdörfern an der mittleren Werra, wo zwischen dem Dreißigjährigen und dem Siebenjährigen Krieg in fast jedem Dorf ein adliges, oder fürstliches Schloß stand. Die Aufsätze konzentrieren sich auf Schwebda, dem Völkershausen zur Seite gestellt wird.

Im Untersuchungsgebiet gab es nicht nur verhältnismäßig viele, sondern auch sehr unterschiedlich strukturierte Adelsdörfer. Im weitesten Sinne können alle Dörfer unter adeliger Grundherrschaft als Adelsdörfer gefasst werden. Schwebda und Völkershausen gehörten zu den Adelsdörfern mit einem Adelssitz, der von den Besitzern auch tatsächlich genutzt wurde bzw. werden konnte; in Schwebda lebte mindestens einer der beiden Grundherren dauerhaft mit seiner Familie, während in Völkershausen die Grundherren zeitweise abwesend waren. In beiden Dörfern waren die Wohnsitze mit Gütern verbunden, die entweder von den Gutsherren selbst bewirtschaftet oder aber als geschlossenes Gut verpachtet wurden. Beide Adelsdörfer waren also wesentlich von der Gutswirtschaft bestimmt.

Trotz Gemeinsamkeiten hatte jedes Adelsdorf seine Eigenarten - abhängig von der Organisation der Adelswirtschaft, der Anwesenheit der adeligen Familie und deren Herrschaftsstrategien. Die Adelsdörfer an der Werra sind in ihrer Vielgestaltigkeit bisher von der hessischen Agrargeschichtsforschung nicht hinreichend beachtet worden. Insofern können die Beiträge dieses Bandes als Pilotstudien gewertet werden.

Das Untersuchungsgebiet wird durch den Verlauf der Werra markiert und umfasst die Dörfer links und rechts des Flusses zwischen dem Adelsdorf Wommen im Süden und der Stadt Witzenhausen im Norden (Ämter Netra, Wanfried, Eschwege, Allendorf, Witzenhausen). Die Werra war ein wichtiger Verkehrsweg, das Tal fruchtbar und die Dörfer und Städte reich bevölkert. Der Fluss markierte über weite Strecken die Grenze zwischen hessischem, thüringischem und mainzischem Territorium. Allerdings darf die Funktion als Grenzfluss nicht überbewertet werden, vielmehr ist der Blick auf das Gemeinsame der Orte links und rechts der Werra zu lenken. Zu Gutsgründungen im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft kam es im 16. Jahrhundert auf beiden Seiten des Flusses. Angesichts der damals errichteten repräsentativen Herrenhäuser könnte man in Analogie zur „Weserrenaissance" fast von einer Wesearenaissance' sprechen. Zu den gemeinsamen Erfahrungen der Orte rechnet auch der Bauernkrieg (1525/26).

Schwebda fiel wegen seiner widerständigen Bewohner auf. Durch einen Gerichtsprozess, den die Gemeinde gegen ihre adeligen Grundherren um die Nutzung von Weide- und Waldflächen führte, hatte Schwebda unter den Juristen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 18. Jahrhundert einige Bekanntheit erlangt. Maßgeblich hierfür war eine Publikation des Göttinger Juristen Johann Stefan Pütter (* 1725 † 1807), in der er den Prozessverlauf dokumentierte. Ausgangspunkt war eine Klage der Dorfbewohner aus dem Jahr 1604 gegen die von Keudell. Der Prozess zog sich über hundertfünfzig Jahre hin und gelangte zeitweise sogar vor das Reichskammergericht in Wetzlar.

Insgesamt ein Band, der nicht nur hessische Verhältnisse thematisiert, sondern das Phänomen „Adelsdorf" in den Mittelpunkt seiner Untersuchungen stellt.