Thonet – ein Stück europäischer Industriegeschichte |
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Dass eine große Linie europäischer Industrie- und Designgeschichte in die Stadt Frankenberg führt und dort heute ihren Zielpunkt gefunden hat, wurde vielen der Mitgliedern und Gästen des Frankenberger Zweigvereins im Verein für Geschichte und Landeskunde überzeugend sichtbar, als sie in der Veranstaltungsreihe „Geschichte vor Ort“ gemeinsam das Frankenberger Thonet-Museum besuchten und dort von Seniorchefin Jolantha (Joy) Thonet begrüßt wurden. Ihr Mann Georg Thonet, ein Urenkel des Firmengründers Michael Thonet, der am 22. Juli 2005 im Alter von 96 Jahren verstarb, hat seit 1950 mit großer Leidenschaft selbst an den entlegensten Stellen der Erde Möbel des weltumspannenden Unternehmens Thonet aufgespürt, gekauft, zum Teil restauriert und in die Sammlung des Museums eingefügt. Das Museum, das 1989 und damit genau 100 Jahre nach der Übersiedlung der Firma nach Frankenberg eröffnet wurde, spiegelt auf eindrucksvolle Weise die über 180-jährige Firmengeschichte und das Lebenswerk des 1796 in Boppard geborenen Tischlermeisters und Firmengründers Michael Thonet wider.
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Anke-Maria Thonet führte die Besucher mit viel Sachverstand und Detailkenntnissen durch das Museum, hier vor einem aus massivem Holz gebogenen Modell. (Fotos: Siegesmund)
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Die hier ausgestellten Werkstücke zeigen anschaulich den Übergang vom Handwerk zur industriellen Massenproduktion im 19. Jahrhundert, von der Firmengründung in 1825 über die weltumspannende Expansion der Firma und von der Entstehung vieler Produktionsstätten bis hin zur Verlegung des Hauptfirmensitzes nach Frankenberg vor fast 120 Jahren. Dabei spielt die Erfindung der Bugholzmöbel, die noch heute in Frankenberg nach den Originalen hergestellt werden, die wichtigste Rolle. Die Entdeckung, dass sich sprödes Holz in beliebige Formen biegen lassen würde, hatte der Vater und Firmengründer Michael Thonet bereits 1830 gemacht. Und schon 1850 hatte er das Modell „Sessel Nr. 14“, den ersten Wiener Cafehaus-Stuhl, entworfen und in Serie fertigen lassen. Als dann Thonet mit seinen so genannten Bugholzmöbeln auf der Londoner Weltausstellung die Bronzemedaille gewann, war das Tor für ihre beispiellose Erfolgsgeschichte endgültig aufgestoßen.
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Als Zeitzeugin berichtete Firmenseniorin Joy (Jolantha) Thonet, hier im Kreise der Besucher Dritte von rechts, aus den Aufbaujahren nach 1945 in Frankenberg.
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Rund 50 Teilnehmer konnte Zweigvereinsvorsitzender Karl-Hermann Völker im Museum begrüßen, durch das Anke-Maria Thonet die Besucher mit viel Sachverstand und Detailkenntnissen führte. Der Anschluss der Stadt Frankenberg an das deutsche Eisenbahnnetz 1890 und in Verbindung damit die Ansiedlung der Firma Thonet, die damals bereits über ein weltweites Vertriebsnetz und Fertigungsstätten in mehreren Ländern verfügte, so erläuterte Völker, habe dem nordhessischen Ackerbürgerstädtchen eine grundlegende Wandlung beschert. Mit ihr kam nicht nur die Industrie in die Ederstadt, sondern durch die gleichzeitige Übersiedlung der Betriebsangehörigen und Fachkräfte erfolgte eine Änderung der Bevölkerungsstruktur. Völker erinnerte hierbei an die damit verbundene Entstehung einer ersten katholischen Gemeinde in Frankenberg. Auch die Gewerkschaftsbewegung hielt mit den Industriearbeitern Einzug. |
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Ein Stück Designgeschichte machte Anke-Maria Thonet den Besuchern an den Exponaten aus Bugholz sichtbar.
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Als Zeitzeugin stellte sich Firmenseniorin Joy (Jolantha) Thonet, selbst Mitglied des Frankenberger Geschichtsvereins, anschließend den Besuchern zum Gespräch. Sie berichtete von der Unternehmensentwicklung in Frankenberg, von der Bombardierung und völligen Zerstörung der Frankenberger Produktionsstätte im März 1945 sowie den schwierigen Aufbaujahren danach. Ihr wie auch ihrer Schwiegertochter Anke-Maria Thonet dankte am Ende die 2. Vorsitzende des Frankenberger Geschichtsvereins, Ruth Piro-Klein, sehr herzlich für die umfassenden Erläuterungen, die interessante Führung und die historisch eingebettete Präsentation der umfangreichen Sammlung von Möbelstücken.
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Jürgen Siegesmund |
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