Philipp Soldans Ratsherrenbank zu Gast in Frankenberg |
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Pünktlich zum 500-jährigen Jubiläum des zehntürmigen Fachwerkrathauses von Frankenberg (Eder) kehrte am 17. Januar 2009 die Ratsherrenbank, die der Bildhauer und Formenschneider Philipp Soldan (um 1500 bis 1569) geschaffen hat, für ein Jahr wieder als Leihgabe des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde Kassel in ihre Heimatstadt zurück. Museumsleiter Heiner Wittkind hatte sich um diese „Stippvisite“, wie es Erster Kreisbeigeordneter Peter Niederstraßer bei der Eröffnung einer großen Philipp-Soldan-Ausstellung im Kreis-Heimatmuseum nannte, bemüht, da das kunstvolle Möbelstück während der Umgestaltung der Kasseler Museumslandschaft ohnehin hätte ausgelagert werden müssen.
Mit der Ratherrenbank reisten aus dem Kasseler Landesmuseum auch zwei Knaggen, vom Künstler Soldan für das Bichmannsche Haus am Untermarkt angefertigt, nach Frankenberg zurück. Zusammen mit den 1529 von Soldan geschnitzten 30 Balkenköpfen aus der Liebfrauenkirche, Ofenplatten mit vorwiegend religiösen Motiven und sowie bemalten Totenschilden der Familie von Dersch wird die Ratsherrenbank bis zum nächsten Frühjahr im ehemaligen Kreuzgang des Klosters St. Georgenberg zu sehen sein. Für den aufwändigen Transport und die restauratorischen Begleitbedingungen der kostbaren Exponate konnte der Verein Kreis-Heimatmuseum Frankenberg zahlreiche Sponsoren gewinnen. Unterstützt wurde er bei der Vorbereitung und Ausstellungseröffnung auch vom VHG-Zweigverein Frankenberg. |
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Ehrengäste: Bei der Eröffnung der Philipp-Soldan-Ausstellung im Kreis-Heimatmuseum Frankenberg bewunderten
(von links) Bürgermeister Christian Engelhardt, Dieter Ohlsen, Erster Beigeordneter Peter Niederstraßer, Rudolf Jung,
Museumsleiter Heiner Wittekindt und Geschichtsvereinsvorsitzender Karl-Hermann Wegner die nach Frankenberg
zurückgekehrte Ratsherrenbank des Holzschnitzers. (Fotos: Völker)
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Soviel zur Vorgeschichte: Philipp Soldan schnitzte die Bank für die Frankenberger Ratsherren im 1509 erbauten Rathaus am Übergang von der Gotik zur Renaissance mit acht Feldern in der Rückwand, in der Mitte das prächtige Stadtwappen. „An Feinheit und Durchbildung in einem Überfluss an Vorstellung immer neuer Wandlungen – Flötenmotive, wie gedrehte und geflochtene Stäbe, davon manche noch mit eingestoßenen Mustern – wird das Faltwerk Soldans kaum von einem gleichwertigen Möbel der Zeit erreicht“, schrieb der Soldan-Fachmann Albrecht Kippenberger. Über 330 Jahre stand sie im Rathaus, dann wurde sie 1882 für 150 Mark an den Geschichtsverein verkauft und kam zunächst nach Marburg ins Schloss, dann nach Kassel ins Landesmuseum. Während des Zweiten Weltkrieges war sie in die Kirche nach Zierenberg ausgelagert. Frankenbergs Bürgermeister Falkenstein holte sie für 18 Jahre zurück in die Heimatstadt - man sprach damals vom „Zierenberger Bankraub“. Im Kreis-Heimatmuseum stand sie von 1952 bis 1966, bevor sie wieder nach Kassel zurückkehrte.
Das Möbelstück sei mehr als eine Sitzbank, meinte Museumsleiter Wittekindt bei der Ausstellungseröffnung. „Sie ist Repräsentationssymbol, Ausdruck von Macht, Selbstbewusstsein eines erstarkten Bürgertums, politisches Zeichen und Programm.“ Sie stamme aus der Zeit nach der Reformation, als sich in einem großen Umbruch die Herrschaftsverhältnisse verkehrten: „Die Ratsherren setzen sich auf eine Bank, die einem Thron gleicht“, beschrieb Wittekindt. |
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Für den Frankenberger Zweigverein bedankte sich die 2. Vorsitzende Ruth Piro-Klein (links)
bei der Kunsthistorikerin Dr. Carola Schneider, die die Konzeption der Soldan-Ausstellung
übernommen hatte und den Festvortrag hielt.
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Als ein besonderes Geschenk zum Jubiläumsjahr 500 Jahre Frankenberger Rathaus, für das die Deutsche Post wenige Tage zuvor eine Sondermarke aufgelegt hatte, wertete Bürgermeister Christian Engelhardt die Rückkehr des Kunstwerks: „Unsere Bürger können wahrhaft stolz sein, die Bank wieder in ihren Mauern zu haben.“
Karl-Hermann Wegner vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde Kassel sah in den Werken Soldans ein wertvolle, repräsentatives Zeugnis bürgerlicher Kultur und Geschichte im 16. Jahrhundert, zumal durch den Bildersturm des Landgrafen Moritz in den Kirchen ein großer Teil des Kunstschaffens vernichtet worden sei. Sein 1834 gegründeter Verein und Konservatoren wie Ludwig Bickell hätten das Alltagsleben der Bürger dokumentieren und Stücke bewahren wollen, die sonst ebenfalls verloren gegangen wären. 1913 sei die vom Geschichtsverein zunächst in Marburg ausgestellte Bank ins Landesmuseum Kassel gebracht worden. |
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Ein Stück Familiengeschichte: Der Hamburger Rechtsanwalt Wolfgang Bichmann begegnete in der Soldan-Ausstellung
den hölzernen Knaggen wieder,
die aus einem Haus seiner Vorfahren am Frankenberger Untermarkt stammen.
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In ihrem Festvortrag lobte Kunsthistorikerin Dr. Carola Schneider (Rosenthal), die auch für die Präsentation der Ausstellung gesorgt hatte, noch einmal die „individuelle, lebendige und fantasiereiche Schnitzarbeit“ des Künstlers. Sie schilderte die kulturelle Blütezeit der Stadt und die großen Vorbilder Soldans. Die im Festjahr gezeigte Sonderausstellung im Kreuzgang des Kreis-Heimatmuseums zeige in einem repräsentativen Querschnitt Philipp Soldan als vielseitigen und anerkannten Künstler, der für die Kirche (Balkenköpfe der Liebfrauenkirche, Ofen der Fritzlarer Dombibliothek), für den Rat der Stadt (Ratsherrenbank), für den Adel (Totenschilde) und für das Bürgertum (Knaggen des Bichmannschen Hauses, Ofenplatten) gearbeitet habe. „In seinen Werken, die einerseits noch den Traditionen der Spätgotik verhaftet sind, andererseits aber die geistigen und künstlerischen Errungenschaften der Renaissance zeigen, spiegeln sich die grundlegenden religiösen, sozialen und politischen Umbrüche der Reformationszeit wieder“, erklärte Dr. Schneider.
Am populärsten sind aber wohl die Huckepack-Motive, mit denen Philipp Soldan das 1509 erbaute Frankenberger Rathaus schmückte und die über das Jubiläumsjahr hinaus auch immer wieder besonderer Anziehungspunkt für die Besucher Frankenbergs sein werden: Zum Marktplatz hin hockt über dem Tor ein bärtiger Alter auf der Schulter eines jungen Mannes und zieht ihn an den Ohren. „Halt, halt“, so die Inschrift, scheint er zu befehlen, während der Träger „Ich doin“ ruft, vielleicht vor Schmerz jault. Auf der Obermarktseite pfeift ein Dudelsackspieler mit Narrenkappe dem Burschen unter ihm die Ohren voll („Ich pyff“) und der Geplagte fleht „Halt, halt!“ Beide Knaggen signierte der Künstler mit „Ph“ und „S“. Auch eine religiöse Variante des Tragemotivs am Fachwerkbauwerk gibt es: An der Westseite bildete Soldan Christophorus beim Durchschreiten des Wassers mit dem segnenden Jesuskind auf der Schulter ab. Sein Wanderstab, stabil wie ein Baum, scheint das Gebälk über ihm noch mit abzustützen. |
Karl-Hermann Völker |
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Bildnis auf der Ofenplatte: Möglicherweise, so erfuhren die Ausstellungsbesucher,
bildete sich hier Philipp Soldan mit zeigender Hand und Blick zum Betrachter selbst ab.
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