Hannelore Behle, Kreisbeigeordnete des Landkreises Waldeck-Frankenberg

Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung „Philipp Soldan – Bildhauer der Reformation“ am Sonntag, 16. Juli 2017, in der Schirn des historischen Rathauses

 

Das 500. Jubiläum der Reformation wird an vielen Orten in Deutschland gefeiert, zu Recht, wie ich ausdrücklich anmerken möchte, aber an Hessen scheint das Ereignis ein wenig vorbeigegangen zu sein. Man hat den Eindruck, dieser herausragende Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands, Europas, ja der ganzen Welt findet hier nicht die angemessene Aufmerksamkeit und das, obwohl Hessen eines der Kernländer der Reformation gewesen ist.

Mit Landgraf Philipp dem Großmütigen gab es einen einflussreichen politischen Fürsprecher Luthers, der u.a. das sogenannte Marburger Religionsgespräch mit den Protagonisten Martin Luther, Ulrich Zwingli und Philipp Melanchton sowie weiteren führenden Persönlichkeiten ausgerichtet hatte, um die verschiedenen Strömungen der neuen Bewegung zu vereinheitlichen. Durch die Säkularisierung der Klöster u.a. in Haina und Merxhausen wurden Vermögenswerte freigestellt, die es ermöglichten, in Marburg im Jahre 1527 die erste protestantische Universität der Welt zu gründen.  Man könnte noch viele weitere Beispiele dafür anführen, dass Hessen einer der Kristallisationspunkte der Reformation gewesen ist, aber das würde an dieser Stelle sicher zu weit führen.

Ich glaube, man kann heute kaum noch ermessen, wie sehr die Reformation das mittelalterliche Weltbild auf den Kopf stellte und ein neues Denken beförderte. Die Stellung des Menschen in der Schöpfung wurde neu definiert, ebenso sein Verhältnis zu Gott, das sich allein aus dem Glauben herleitete und keinen Mittler mehr brauchte. Kein Wunder also, dass sowohl das Denken als auch die Kunst neue Wege beschritten. Ein Zeugnis dafür ist das Werk des Frankenberger Renaissancekünstlers Philipp Soldan, der in seiner Heimatstadt noch auf vielfältige Weise präsent ist, ohne dass die meisten Menschen ihn in seiner wahre Bedeutung wahrnehmen würden. Soldan ist im Vorfeld dieser Ausstellung u.a. als der Cranach Philipps des Großmütigen bezeichnet worden, ein ambitionierter Vergleich, der aber durchaus seine Berechtigung hat, wie ich finde.

Gerade in seinen gusseisernen Ofenplatten hat Soldan vielfach biblische Szenen dargestellt und dabei die handelnden Personen aus dem realen Leben genommen, sowohl Gegner als auch Befürworter der Reformation. Zum ersten Mal ist nun eine umfassende Darstellung seines Wirkens und Schaffens zu sehen. Ich bin überzeugt davon, dass wir damit einen wichtigen Beitrag zum Reformationsjubiläum leisten werden. 

Die Ausstellung, die wir heute gemeinsam eröffnen, hat einen lokalen Aspekt, indem sie den Künstler im Kontext seiner Heimatstadt Frankenberg zeigt. Sie ist zugleich aber auch von globalen Dimensionen, indem sie die Neuordnung der Welt mit Mitteln der bildenden Kunst reflektiert.

Drei Ausstellungsorte werden von heute an bis zum 31. Oktober die Begegnung mit Soldan ermöglichen. Zum einen hier die historische Rathausschirn. Am zehntürmigen Wahrzeichen der Stadt Frankenberg hat Soldan ja einige Kunstwerke platzieren können, Figuren und Figurengruppen, deren Bedeutung zum Teil bis heute nicht entschlüsselt ist. Der zweite Ausstellungsort ist das Haus am Geismarer Tor, das seit vielen Jahren für Ausstellungszwecke genutzt wird und mit seinem mittelalterlichen Gewölbe ein einzigartiges Ambiente für die Exponate bietet.
 
Seitens des Landkreises stellen wir unser Museum im ehemaligen Zisterzienserinnenkloster St. Georgenberg mit der Mauritiuskapelle zur Verfügung. An diesen Orten kann sich die Wirkung von Soldans Kunstwerken in besonderer Weise entfalten.  

Die  Idee zu diesem Projekt hatte Christiane Kohl, die auch als Initiatorin des „Literarischen Frühlings“ über die Grenzen unseres Landkreises hinaus bekannt geworden ist und - das darf ich an dieser Stelle sagen, falls es Ihnen nicht ohnehin schon bekannt ist - demnächst den Kreiskulturpreis erhalten wird. Unterstützt wurde sie dabei von Ihrem Ehemann Klaus Brill, der sich als Autor ebenfalls mit dem Thema der Reformation in Hessen auseinandergesetzt hat.
 
Die Stadt Frankenberg hat die Projektidee gerne aufgegriffen und den Landkreis mit ins Boot geholt, dafür möchte ich mich insbesondere bei Herrn Bürgermeister Rüdiger Heß bedanken. Ein Glücksfall war es sicher, dass wir mit Frau Dr. Birgit Kümmel eine erfahrene Museumsexpertin und Ausstellungsspezialistin für das Projekt gewinnen konnten. Auch Ihnen gilt ein ganz herzliches Dankeschön für Ihr Engagement, sehr geehrte Frau Dr. Kümmel. Dem Kuratorenteam gehörten außerdem noch Christiane Kohl, Kirsten Hauer, Friedhelm Krause und unser Museumsleiter Pfarrer a.D. Heiner Wittekind an. Auch ihnen möchte ich persönlich wie auch im Namen des Landkreises Waldeck-Frankenberg meinen Dank aussprechen.

Es ist schön, dass sich darüber hinaus noch einige Fachleute aus verschiedenen Disziplinen für die Realisierung der Ausstellung eingesetzt haben: Dekanin Petra Hegmann, Klaus Brill, Prof. Dr. Helmut Burger, Hans Papenfuß, Dr. Horst Hecker, Karl-Hermann Völker, Ruth Piro-Klein und Dr. Hartmut Wecker bildeten das Projektteam, das ich ebenfalls in meinen Dank einschließen möchte.

Kunst kann heute nicht mehr ohne Sponsoren existieren und obwohl Stadt und Landkreis das Ausstellungsprojekt in ihren jeweiligen Haushalten finanziell verankert haben, wäre es nie in dieser Form zu realisieren gewesen, wenn nicht weitere Partner hinzugekommen wären: die Kulturstiftung des Landes Hessen, die Firma Viessmann, die heute auch durch Frau Anette Viessmann als Schirmherrin vertreten ist; die Sparkasse Waldeck-Frankenberg, die Frankenberger Bank, die Volksbank Mittelhessen, die beiden Energieversorger EGF und EWF, Finger-Haus sowie die lokalen Service-Clubs Rotary und LIONS. Ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe.

Das Ergebnis dieses gemeinschaftlichen kulturellen Engagements werden wir nun in den nächsten dreieinhalb Monaten erleben können. Aber ich bin sicher, dass die Wirkung dieser Ausstellung weit über den genannten Zeitraum hinausreichen wird, zumal sie auch von einem wunderschönen und fundierten Katalog ergänzt wird. Ich hoffe, dass das Publikumsinteresse angemessen hoch sein wird, denn wie gesagt, ist dies die erste große Werkschau Philipp Soldans und sie ermöglicht die Begegnung mit einem der profiliertesten Künstler der Renaissance und der Reformation.

Es gibt viel zu entdecken, zu lernen und zu bestaunen. Fangen wir heute damit an. Ich wünsche allen Besuchern heute sowie in den nächsten Wochen spannende Begegnungen, Erfahrungen und neue Einsichten.

Vielen Dank für Ihr Interesse.